Der Burgbote 1983 (Jahrgang 63)
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Für Freunde<br />
geschrieben<br />
und nimmer verantwortbar<br />
sein. Gottlob ist man da heute -<br />
vielleicht weniger aus Einsicht<br />
als mehr aus Angst — da die<br />
gegnerischen Machtbiöcke sich<br />
mehrfach auslöschen und da<br />
mit den Untergang der Weit be<br />
siegeln können, hartleibiger<br />
und schwerhöriger.<br />
Im täglichen Leben ist das<br />
alles sowieso anders. Wollte<br />
man erstjede Äußerung auf In<br />
haltstiefe und Sinngebung<br />
überdenken, kämen Gespräche<br />
nicht mehr oder nur in stark<br />
verzögerter Form zustande.<br />
Kleine „Faux-pas"- so finde ich<br />
- sind und bleiben die Würze<br />
des Alltags. Es wäre verhäng<br />
nisvoll, wenn wir Menschen<br />
nicht mehr so sprechen könn<br />
ten, wie uns der Schnabel ge<br />
wachsen ist; wobei ein gele<br />
gentliches Einschalten des Ge<br />
hirns durchaus von Nutzen sein<br />
kann. Auch sollte man grund<br />
sätzlich nicht schneller spre<br />
chen als sich die Gedanken for<br />
men.<br />
Die deutsche Sprache ist—was<br />
viele Menschen geflissentlich<br />
übersehen - voller Fallstricke.<br />
Wer mehrere Tätbestände in<br />
einen Satz zu pressen versucht,<br />
wird im nachhinein oft nur är<br />
gerliche und sicherlich nicht<br />
vorhergesehene Wirkungen<br />
ernten.<br />
Ich möchte ihnen nun eine<br />
Reihe mißdeutiger Machwerke<br />
vorstellen. <strong>Der</strong>jeweiis erste Ein<br />
druck geht jedenfalls in eine<br />
ganz andere Richtung als dies<br />
der Verfasser beabsichtigte.<br />
Doch genießen Sie gerade diese<br />
ersten Wirkungen wie lukulli<br />
sche Kostbarkeiten.<br />
a) In einer Zirkuserzähiung<br />
heißt es; „ und da war auch<br />
noch der alte Löwe, der an dem<br />
Clown einen Narren gefressen<br />
hatte!" Sind Sie absolut sicher,<br />
daß der Clown diese Situation<br />
überlebte?<br />
b) In einem Poiizeibericht<br />
stand; „Von dem Verursacher<br />
kannte die Verunfallte) herrlich<br />
stes Beamtendeutsch!) nur<br />
sein Geschlecht!" Flandelt es<br />
sich hier um eine „Lohengrinszene<br />
ä la „Nie sollst Du mich be<br />
fragen" oder in weicher Weise<br />
hatte sich der Täter vor dem<br />
Schadenseintritt offenbart?<br />
c) Ende August '82 fand im<br />
Rheinpark eine Seniorenveranstaitung<br />
statt. Wenige läge<br />
später konnte man im Kölner<br />
Stadt-Anzeiger unter der Ru<br />
brik „Hört, Hört" lesen, daß die<br />
Sprecherin der älteren Genera<br />
tion ihre Zuhörer mit dem Hin<br />
weis; Seien Sie aktiv! Melden<br />
Sie sich, wenn Sie etwas auf der<br />
Bühne machen woiienl" zur Mit<br />
wirkung ermunterte. Tosender<br />
Beifall dankte ihr.<br />
d) In der gleichen Zeitung er<br />
scheint allwöchentlich unter der<br />
Überschrift „Eigentore" eine Art<br />
von Selbstkritik mangelhafter<br />
Formulierungen. Im Wirtschaftsteii<br />
war dargelegt, daß<br />
„auf den Kopf der Rheinlandpfälzischen<br />
Bevölkerung im<br />
Jahr durchschnittlich 246 Eier<br />
fallen." Es wird Sie sicher nicht<br />
verwundern, daß ich daraufhin<br />
meine Reisepiäne für <strong>1983</strong> einer<br />
sofortigen kritischen Wertung<br />
unterzog. Vor allem aber nahm<br />
ich mir vor, beim Befahren die<br />
ses so schönen Bundeslandes<br />
mein Schiebedach verschlossen<br />
zu halten.<br />
Zusätzlich möchte ich gerade<br />
an dieser Stelle noch anmerken,<br />
daß mich unser Präsident -<br />
ohne meinen Namen direkt zu<br />
nennen — aus Anlaß unseres<br />
Vereinsjubiläums als pingelich<br />
bezeichnet hatte. (Anmerkung<br />
der Redaktion; Vergleiche hier<br />
zu <strong>Burgbote</strong> Mai 1982 Artikel<br />
von Günter Bendig) Er stand<br />
damals sicherlich noch unter<br />
dem Eindruck meiner lichtvol<br />
len Ausführungen im „Burgbo<br />
ten" vom März '82. Damals<br />
hatte ich unter der Überschrift<br />
„Wenn Sänger rechnen -<br />
MatheI" humorig zu erläutern<br />
versucht, welche Schwierigkei<br />
ten die heutigen Menschen mit<br />
Abrechnungen aus der Zeit vor<br />
Einführung<br />
des Dezimalsy<br />
stems hatten. Um dem mir von<br />
höchster Steile zugesproche<br />
nem Rufe gerecht zu werden,<br />
stellte ich unverzüglich Berech<br />
nungen über das „wie, wo und<br />
wann" des Eierwerfens an und<br />
untersuchte diese urlauberfeindiiche<br />
Übung nach allen Sei<br />
ten hin. Das Ergebnis liegt nun<br />
vor. Doch scheint die Berech<br />
nung nur für die schwergetrof<br />
fene Bevölkerung dieser Region<br />
von Interesse. Alle Bezieher des<br />
<strong>Burgbote</strong>n, die unbeschadet<br />
meiner Warnungen trotzdem<br />
ihren Urlaub in diesem Über<br />
schußland bäuerlicher Produk<br />
tion verbringen wollen, erhalten<br />
auf Wunsch genaue Zahlen und<br />
Verhaitensregeln gebührenfrei<br />
bei dem Endunterzeichner,<br />
e) Wenige läge später las ich<br />
im Sportteil des gleichen Blat<br />
tes, daß Rinus Michels, Ttainer<br />
des 1. FC Köln - nach einem wie<br />
so oft enttäuschenden Einsatz<br />
seiner Mannen - voller Zorn<br />
seine Arme in die Luft geworfen<br />
habe. Michels sollte sich hüten,<br />
die offensichtlich mit Scharnie<br />
ren ausgestatteten mehr<br />
einem Bummerang ähnelnden<br />
Dinger in Richtung der Kurvenstehpiätze<br />
in Marsch zu setzen.<br />
Dann wäre er sie endgültig los.