Der Burgbote 1983 (Jahrgang 63)
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Die musikalische Wertung<br />
einer Konzertreise hat für den<br />
Chor das stärkste Gewicht. Die<br />
ses Urteil überlassen wir gerne<br />
den Kritikern vor Ort, nicht weil<br />
es an der notwendigen Selbst<br />
kritik mangelt, sondern weil wir<br />
als Beteiligte leichter in die Ex<br />
treme verfallen, zu hart oder zu<br />
oberflächlich zu werten,je nach<br />
dem, wo das Streben nach Voll<br />
kommenheit bei dem einzelnen<br />
endet. Soviel sei vorweg gesagt,<br />
die Kritiken für die Liszt-Messe<br />
am Samstag in Ottobeuren, für<br />
die Gestaltung einer Pontifikalmesse<br />
in Kempten und für das<br />
Chorkonzert in der Basilika von<br />
Ottobeuren am darauffolgen<br />
den Sonntag, fielen sehr positiv<br />
aus.<br />
Neben den musikalischen<br />
Aufgaben des Chores würzte<br />
ein interessantes Zusatzpro<br />
gramm die 4-tägige Sänger<br />
reise.<br />
In Köln hatte es den ganzen<br />
Sommer '83 über kaum gereg<br />
net, daß dies bei der Abreise<br />
des KMGV von der Wolkenburg<br />
aus nachgeholt wurde, war ein<br />
kleiner Wermutstropfen.<br />
Zügig fuhren 5 Busse über<br />
die Autobahn in Richtung<br />
Süden. Für eine Rast unterbra<br />
chen die Busfahrer an unter<br />
schiedlichen Autobahngast<br />
stätten die Fährt. Planmäßig<br />
erreichte die Reisegruppe die<br />
verschiedenen Hotels. Ottobeu<br />
ren allein konnte die mit Bussen<br />
und auch mit dem privaten<br />
PKW angereisten Sänger und<br />
deren Angehörige nicht beher<br />
bergen, <strong>Der</strong> Großteil war im<br />
nahegelegenen Memmingen<br />
untergebracht. Das allgemeine<br />
Fäzit zu den Quartieren war<br />
positiv. Vielleicht deshalb, weil<br />
die Organisatoren diesmal<br />
gründlicher die einzelnen Häu<br />
ser inspiziert hatten und das<br />
Gefälle unter den einzelnen<br />
Häusern nicht so groß war.<br />
Einen geschickten Schachzug<br />
hatte sich der Vorstand schon<br />
einige Wochen vor Reiseantritt<br />
einfallen lassen: bei der Quar<br />
tiervergabe bezog er die Grup<br />
penbaase mit ein. So wurde von<br />
vornherein der Vorwand ent<br />
kräftet, daß immer dieselben<br />
Sänger in den besseren Häu<br />
sern unterkommen.<br />
Zwischen Quartiernahme<br />
und Probe in der Basilika Otto<br />
beuren blieb wenig Zeit und die<br />
ursprünglich nur mit 1 Stunde<br />
angesetzte Probe verlängerte<br />
sich mehr und mehr. Am Ende<br />
war die Konzentration weg und<br />
alle Beteiligten verließen unzu<br />
frieden den Probeort. Die einen,<br />
weil sie um das musikalische<br />
Gelingen der Reise bangten, die<br />
anderen, weil sie das gemeinsa<br />
me Abendessen mit ihrer Ftau<br />
abschreiben konnten.<br />
Am 2. Reisetag war genü<br />
gend Zeit, in aller Ruhe zu früh<br />
stücken, ehe die Besichtigung<br />
der Benediktinerabtei Ottobeu<br />
ren anstand. Diese Führung<br />
wurde zum ersten großen Er<br />
lebnis der Reise, weil sie in Pater<br />
Winfried Stenke und in Herrn<br />
Reinhold Scheule hervorragen<br />
de Begleiter durch das kulturel<br />
le Zentrum Ottobeuren hatte.<br />
Ihren Wegen durch die Räume<br />
von Basilika und Kloster, ihren<br />
interessanten Beschreibun<br />
gen, den Schilderungen von ge<br />
schichtlichen Zusammenhän<br />
gen wäre man gerne noch eine<br />
Weile gefolgt, doch drängte der<br />
Zeitplan für diesen Täg mit<br />
neuen Zielen. Ein Zitat aus ei<br />
nem kleinen Führer des Schnell<br />
& Steiner Verlages erinnert uns<br />
noch einmal an die Bedeutung<br />
Ottobeurens.<br />
„Ottobeuren, der „schwäbi<br />
sche Escorial", besitzt die tita<br />
nenhafte Spannkraft des Ba<br />
rock. Die bedeutendsten bayer.<br />
und schwäbischen Baumeister<br />
des 18. Jh. sind an ihm beteiligt,<br />
so daß er beispiellos als ge<br />
reiftes Sammelwerk entstand.<br />
Ottobeuren hatte das Glück, als<br />
Vollender des Baues den genia<br />
len, bedächtigen und heimatge<br />
bundenen Oberpfälzer Johann<br />
Mich. Fischer zu finden, der als<br />
einziger die Kraft hatte, in dem<br />
begonnenen energiegeladenen<br />
Geist bis zum Ende weiterzu<br />
bauen. Stärke, Macht und Kraft,<br />
Ordnung und Maß des Spätba<br />
rock schufen einen spannungs<br />
reichen Raum voll Hoheit und<br />
Majestät, der sich in der Vierung<br />
mit den einzigartigen mächti<br />
gen und großen Querschiffen<br />
zentral und in selten abgewoge<br />
nen Maßverhältnissen sam<br />
melt. Die unerreicht prachtvolle<br />
Innenausstattung rankenden<br />
Rokokos ist untergeordnet Das<br />
Chorgestühl ist die Vollendung<br />
aller Schnitzkunst Die Orgeln<br />
sind die einzig erhaltenen Wer<br />
ke von Riepp, der zu den bedeu<br />
tendsten Orgelbauern aller<br />
deutschen Länder zählt Die<br />
Qualität und der künstlerische<br />
Geschmack reichen bis zum<br />
letzten Einrichtungsgegen<br />
stand. Ottobeuren ist der letzte<br />
starke religiöse und künstleri<br />
sche Ausdruck deutschen Spät<br />
barocks kaum zu erschöpfen<br />
der Konzentration und kaum zu<br />
erfassenden Reichtums gewor<br />
den. Dieser gewaltige Bau ver<br />
einigt sich mit der ihn schmükkenden<br />
Schönheit. Er ist das<br />
„Haus Gottes und Himmels Por<br />
ten", Symbol der seiigmachenden<br />
„Kirche"."<br />
Daß nach der Besichtigung<br />
von Kloster und Abtei nicht<br />
mehr alles nach Plan verlief,<br />
verdanken wir den Orts(un)-<br />
kenntnissen unserer Busfahrer.