Der Burgbote 1983 (Jahrgang 63)
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Für Freunde<br />
geschrieben<br />
Geschichte und Geschicht'chen<br />
im Rahmen einer Meinen<br />
Deutschstunde.<br />
mit Dallas- (Fortsetzungs-)<br />
Effekten<br />
Im Interesse der Sache, soll<br />
nun einer unserer ehemaligen<br />
Präsidenten zu Wort kommen.<br />
Als ich 1954 dem KMGV beitrat,<br />
war es guter Brauch, alljährlich<br />
in der Adventszeit und zwar an<br />
einem verkaufsoffenen Sonn<br />
tag vor dem „Haus Neuerburg"<br />
am Jülichsplatz Weihnachtslie<br />
der zu singen. Genau weiß ich<br />
das Jahr nicht mehr; aber es<br />
war wohl 1957 oder 1958.<br />
Kaum, daß die Dunkelheit an<br />
gebrochen war, versammelten<br />
sich die Sänger im Halbkreis<br />
um den Fastnachtsbrunnen.<br />
Auf den vom Verkehr freigehal<br />
tenen Straßen und Parkplätzen<br />
stand eine erwartungsvolle<br />
Menge. In den Fenstern des<br />
Hauses Neuerburg brannten<br />
bunte Kerzenlichter. Es war<br />
schon ein stimmungsvolles Bild<br />
in der damals noch so grausam<br />
zerstörten Stadt. Unter dem Dirigat<br />
von Wilhelm Pitz erklan<br />
gen bald die schönen alten<br />
Weihnachtslieder. In den Pau<br />
sen zwischen den Gesängen<br />
trugen vier Waldhornisten des<br />
Gürzenichorchesters - in der<br />
obersten Etage des Hauses po<br />
stiert - auf meisterliche Weise<br />
zur Unterhaltung bei. Unser da<br />
maliger Präsident Oberdirektor<br />
a. D. Dr. Dr. Pünder ergriff zwi<br />
schenzeitlich die Gelegenheit,<br />
die Zuschauer zu begrüßen und<br />
den Sängern zu danken. G'en<br />
Ende seiner kurzen Ansprache<br />
wollte er alle Teilnehmer darauf<br />
hinweisen, daß die Bläser nun<br />
mehr ihren Standort wechseln<br />
würden, um die gemeinschaft<br />
lich zu singenden Lieder inmit<br />
ten der Sänger zu begleiten. Er<br />
kleidete dies in die bemerkens<br />
werten Worte: „Die Hornisten,<br />
die bisher von oben geblasen<br />
haben, werden dies nunmehr<br />
von unten tuen." Die weitere<br />
Ansprache ging in allgemeiner<br />
Heiterkeit unter und die feierli<br />
che Weihnachtsstimmung war<br />
- wie man so schön sagt - im<br />
Eimer.<br />
Ein neben mir stehender Sän<br />
ger meinte damals schmun<br />
zelnd: „Das war mal wieder<br />
ein typisches „Pünderisches<br />
Schwätzerchen!" Auf meine<br />
Rückfrage nach dem Sinn die<br />
ses Wortspiels erhielt ich eine<br />
Erklärung, die ich Ihnen schon<br />
deswegen nicht vorenthalten<br />
möchte, weil mir erst unlängst<br />
ein Jüngeres Vereinsmitglied zu<br />
verstehen gab, daß er mit dem<br />
Namen Pünder nichts anzufan<br />
gen wisse. Sie transit gloria<br />
mundi (So vergeht der Ruhm<br />
der Welt!) Also, Dr. Pünder war<br />
in der Weimarer Republik zu<br />
letzt preußischer Staatssekre<br />
tär gewesen. Hier oblag ihm<br />
vornehmlich die unmittelbare<br />
Unterstützung seines Ministers<br />
und die Vorbereitung von Ge<br />
setzen und Verordnungen. Im<br />
Gegensatz dazu war seine Tä<br />
tigkeit unmittelbar nach dem<br />
letzten Krieg z. B. als Oberbür<br />
germeister von Köln und als Ad<br />
ministrator der Bi- und später<br />
der Ttizone vielfach repräsenta<br />
tiv. Widerwillig hat er sich oft -<br />
nur mit Spiekzetteln bewaffnet<br />
- von seiner Arbeit losgerissen,<br />
um in aller Kürze Angenehmes<br />
Jedoch Unverbindliches zu sa<br />
gen. Diese ohne besonderes En<br />
gagement produzierten Ste<br />
greifansprachen waren in der<br />
Tat fast gleichlautend und<br />
nichtssagend. Damals entstand<br />
In der Bizonenverwaltung die<br />
Assoziation - sprich Gedanken<br />
verbindung - zwischen dem<br />
Familiennamen und einem<br />
leichten. Jedermann bekömmli<br />
chen aber wenig gehaltvollen<br />
Konsumwein aus Pünderich an<br />
der Mosel. Das alles fiel mir wie<br />
der ein, als ich michjetzt daran<br />
machte, meine sprachlichen Er<br />
lebnisse im KMGV zu einem Ge<br />
schicht'chen zu formen. Hätte<br />
es damals schon „Ghostwriter<br />
(Redenschreiber) für die politi<br />
sche Prominenz gegeben, wäre<br />
es sicher nie zu dem etwas re<br />
spektlosen aber letztlich doch<br />
humorigen Wortspiel gekom<br />
men. Denn diese im Hinter<br />
grund wirkenden geistvollen<br />
Männer schaffen es heute mit<br />
leichter Hand selbst absolut be<br />
deutungslosen Delegationen<br />
ein Gefühl von besonderer Ge<br />
wichtigkeit zu vermitteln.<br />
Doch - wie es auch sei - Pün<br />
derich ist existent. Es liegt an<br />
der Mittelmosel zwischen Zell<br />
und Enkirch. Produziert werden<br />
dort leichte aber fruchtige<br />
Krezenzen wie z. B. Goldlay,