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Der Burgbote 1983 (Jahrgang 63)

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Für Freunde<br />

geschrieben<br />

Geschichte und Geschicht'chen<br />

Im Rahmen einer kleinen<br />

Deutschstunde.<br />

mit Dallas- (Fortsetzungs-)<br />

Effekten<br />

Wenn es zutrifft, daß die<br />

Sprache ein Spiegel ihrer Zeit<br />

ist, zeigt sich diese gegenwärtig<br />

ais unentschiossen, unmänn<br />

lich ja sogar schlappschwänzig.<br />

Ich meine damit die vöiiig un<br />

verbindliche Art, Meinungen<br />

und Ansichten kundzutun. Im<br />

mer wieder hört man beispiels<br />

weise: „Ich würde vorschlagen",<br />

oder: „Ich möchte sagen wollen<br />

(dürfen)", und ähnliche rück<br />

gratlose Formeln. Wo denn -<br />

zum Teufel - sind die Männer<br />

geblieben, die sagen, meinen,<br />

vorschlagen und entscheiden?<br />

Immer scheint ein scheuer Blick<br />

in die Gesprächsrunde zu<br />

schweifen, die Bereitschaft<br />

signalisierend. Jederzeit das<br />

soeben zaghaft vorgeschlage<br />

ne mit dem Ausdruck tiefsten<br />

Bedauerns zurückzunehmen,<br />

pie Spruchweisheit: „Ein Mann<br />

ein Wort!" ist offenbar völlig in<br />

Vergessenheit geraten. Wenn<br />

Martin Luther heute lebte, wie<br />

würde sein mannhaftes Auftre<br />

ten 1521 auf dem Reichstag zu<br />

Worms und sein Ausspruch:<br />

„Hier stehe ich. Ich kann nicht<br />

anders. Gott helfe mir, Amen!"<br />

wohl lauten, etwa so?: „Hier<br />

würde ich stehen wollen. Ich<br />

könnte notfalls auch anders.<br />

Gott, falls es einen gibt, was<br />

Gott geben möchte, möge mir<br />

helfen, wenn es einvernehmlich<br />

gestattet würde!" Da möchte<br />

ich Hedwig Couths-Mahler eine<br />

ernste Mahnung sagen lassen:<br />

„Haltet ein, o Ihr Deutschen, auf<br />

dem Wege, welch' letzteren Ihr<br />

beschritten!"<br />

Es kann natürlich nicht in<br />

meiner Absicht liegen, ein Lehr<br />

buch über Wortbildung, Verän<br />

derungen der Wortformen und<br />

die beste Verwendung der Wör<br />

ter in einem Satz herauszuge<br />

ben. Das würde ein dickbändiges<br />

Werk, das wegen Über<br />

schreiten der für den Burgbo<br />

ten veranschlagten Mittel im<br />

Vereinsrahmen nicht verkraftet<br />

werden könnte. Ich schreibe da<br />

her ohne besonderes System<br />

und so, wie es mir gerade in den<br />

Sinn kommt. Auch spare ich all<br />

das aus, was uns in der Schule<br />

als Rüstzeug für später, als<br />

Grundlage der Rechtschrei<br />

bung und der Sprachlehre ein<br />

gebleut wurde.<br />

Während meiner aktiven<br />

Dienstzeit hatte ich ständig<br />

Lehrlinge aber auch Anwärter<br />

des gehobenen Dienstes auszu<br />

bilden. Im besonderen ein<br />

„Azubi" pflegte Umlaufverfü<br />

gungen und Anfragen zu Ver<br />

waltungsakten von besonderer<br />

Wichtigkeit hochzustilisieren.<br />

statt<br />

ändern<br />

anzuzeigen<br />

anzuwenden<br />

zu fragen<br />

zu erinnern<br />

vorzu<br />

schlagen<br />

zu schützen<br />

statt<br />

Rücksicht<br />

wollte er<br />

Abhilfe schaffen<br />

Anzeige<br />

erstatten<br />

zur Anwendung<br />

bringen<br />

sich die Frage<br />

erlauben<br />

in Erinnerung<br />

bringen<br />

in Vorschlag<br />

bringen<br />

Schutz angedeihen<br />

lassen<br />

kam es zur<br />

Rücksichtnahme<br />

Kenntnis<br />

Gebrauch<br />

Bericht<br />

Kenntnisnahme<br />

Benutzung<br />

Stellungnahme<br />

Dies sind nur einige Beispiele.<br />

Aber Sie können mir glauben,<br />

daß ich schließlich doch sehr<br />

froh über die termingerechte<br />

Versetzung dieses Beamtenan<br />

wärters war, denn nun hatte ich<br />

wieder mehr Zeit und Freiheit<br />

für eigenes Handein und Wir<br />

ken.<br />

Ich widerrate, Hauptwörter<br />

zu überfordern und Wortbiöcke<br />

zu bilden. Ableitungssilben, die<br />

eine Koppelung geradezu er<br />

leichtern, sollten vermieden<br />

werden (-nähme,-ung). Sagen<br />

Sie also nicht Rücksichtnahme,<br />

Fühlungsnahme und Inbe<br />

triebsnahme sondern einfach<br />

Rücksicht, Fühlung und Benut<br />

zung. Doch besser noch als Be<br />

nutzung wäre z. B. der Ge<br />

brauch; und statt Anweisung,<br />

Fühlung und Stellung nehme<br />

man Befehl, Kontakt und Po<br />

sten. Dies alles erzähle ich Ihnen<br />

eigentlich nur, weil ich in Nr. 1<br />

des neugestalteten <strong>Burgbote</strong>n<br />

eine läßliche Sprachsünde ent<br />

deckte, für die es noch im Dies<br />

seits eine vollkommene Absolu<br />

tion geben wird. <strong>Der</strong> Verfasser

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