Der Burgbote 1983 (Jahrgang 63)
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VeranstaHungen<br />
Kölnische Rundschau<br />
„Brotlose Künstler am Rhein.<br />
Die gute Laune beginnt in der<br />
Ouvertüre. Also im „Vorspiel",<br />
wie das bei Richard Wagner<br />
heißt Christoph Klöver hat wie<br />
der zugeschlagen. Er dirigiert<br />
das - höchst leistungsfähige -<br />
Orchester der Cacilia Wolken<br />
burg, und er hat musikalisch<br />
wieder alles erdenkliche zusam<br />
mengetragen.<br />
Wofür? Na, für das Divertisse<br />
mentchen dieses Karnevals,<br />
das am Sonntag im Opernhaus<br />
Premlere hatte. Für das Spiel<br />
um „Mlmi oder ,E ießkahl<br />
Hämmche'", zu dem Gerti Run<br />
kel das Textbuch schrieb.<br />
Natürlich denken Kenner beim<br />
Namen Mimi sogleich an Fuccini<br />
und „La Boheme". Aber davon<br />
ist Im Vorspiel nicht viel zu hö<br />
ren. Schmissig geht es zu - und<br />
man traut seinen Ohren nicht,<br />
wenn Klöver flugs die Erken<br />
nungsmusik von „Dallas" da<br />
runter mischt.<br />
Pucclnl kommt später. Denn wir<br />
sind in Kölle, am Dreikönigspförtchen,<br />
so daß im Hinter<br />
grund die Kirche Maria Im Capltol<br />
zu bewundern ist. Und da<br />
bleiben wir auch - vom Abste<br />
cher an eine Brücke abgesehen.<br />
Und was man gar nicht erwar<br />
tet, weil die bestechend schö<br />
nen Bühnenbilder (Heribert<br />
Oedingen) sich auf die kalenda<br />
rische „Großwetterlage" verlie<br />
ßen: Auf der Bühne ist Winter;<br />
es liegt Schnee!<br />
Dort in der Gegend ist das Dach-<br />
Atelier, in dem Max der Maler<br />
(Jo Münchrath), Rudi der Poet<br />
(Albert Krautz), Konrad der Phi<br />
losoph (Hans Fischer) und<br />
Schorch der Komödiant (Josef<br />
Loew) hausen. Künstler also -<br />
oder wie das Fremdwort heißt:<br />
„Boheme", mit B wie „brotlos".<br />
Und wo kein Brot ist, ist auch<br />
keine Miete, sehr zum Kummer<br />
des alteren Fräuleins Bömmelmann<br />
(Friedhelm Kreutzkamp).<br />
Aber das ist vielleicht eine ku<br />
lante Frau: Sie will vom Dreikö<br />
nigstag bis Wieverfastelovend<br />
mit der Miete warten! Das ist<br />
auch nötig, denn zum Einkeh<br />
ren beim Wirt des Gasthauses<br />
Kolter (Hermann Hackstein)<br />
reicht es immer. In einem Lo<br />
kal, in dem auch das attraktive<br />
Janettche (Günter Roggendorf)<br />
mit ihrem Verehrer, dem Kommerzienrat<br />
Schällfisch (Ludwig<br />
Schneider), aufkreuzt. Auch ein<br />
veritabler Baron (Peter Harstlck,<br />
den man in den letzten<br />
beiden Jahren immer nur als<br />
Dame sah) mit zugehöriger Rie<br />
sen-Baronin (Karl Heinz Sieber)<br />
kehrt dort ein.<br />
Da das Janettche einst zu<br />
Schorch gehörte, reicht das für<br />
die nötigen Verwicklungen.<br />
Aber da Ist wahrhaftig Mimi<br />
(Willi Schmidt), freilich alles an<br />
dere als schwindsüchtig. Wenn<br />
Rudi sie sieht, ist er glatt hin.<br />
Aber wie die Frauen so sind:<br />
Schlanker will sie sein, und weil<br />
diesbezügliche Kuren auch so<br />
sind, wäre sie beinahe dahinge<br />
welkt. Beinahe, sag' ich.<br />
Kurz: Alles gut, denn Ende gut.<br />
Fräulein Bömmelmann be<br />
kommt sogar Ihre Miete, pünkt<br />
lich zu Weiberfastnacht, mit der<br />
dann auch auf der Bühne das<br />
närrische Tteiben beginnt.<br />
Eine muntere Handlung also,<br />
die sich Gerti Runkel da einfal<br />
len ließ - schließlich hat sie<br />
schon die „Carmen von d'r Bottmöll"<br />
geschrieben. Josef Meinertzhagen<br />
hat daraus - zum<br />
sechsten Mal - eine flotte Insze<br />
nierung gezaubert. Und wenn<br />
es in diesem Jahr auch nicht<br />
ganz so lustig geriet: Auf die<br />
Männerkehlen, auf das Orche<br />
ster und auf die musikalischen<br />
Einfälle von Christoph Klöver ist<br />
immer Verlaß.<br />
Da gibt es Verdis „Ttoubadour"<br />
und Tschaikowskys „Schwanensee",<br />
Beethovens „Elise"<br />
geht in flotten Sound über, Theo<br />
Mackeben kommt mehrfach zu<br />
Gehör, - ja, und Puccinl. Zwei<br />
seiner Arien - und wie in Jedem<br />
Jahr: nicht die leichtesten! - hat<br />
sich Albert Krautz ausgesucht.<br />
Er singt sie formidabel, nur<br />
steht die erste wohl zu früh, so<br />
daß er sich über die enorme Hö<br />
he doch ein bißchen hinwegmo<br />
gelt.<br />
Und well es von Puccinl zu Lehär<br />
nicht weit ist, gibt es dessen<br />
„Land des Lächelns" gleich da<br />
zu: Das große Duett für Krautz'<br />
Rudi und Willi Schmidts Mimi.<br />
Mit kölschem Text, versteht<br />
sich, doch vielleicht ein bißchen<br />
ungünstig arrangiert, so daß<br />
Schmidt gar nicht injene Höhen<br />
gelangt, die er so sicher be<br />
herrscht.<br />
Das Beste zuletzt - und das ist<br />
in diesem Divertissementchen<br />
das Ballett. Was diese Ttuppe,<br />
allen voran der Temperament<br />
bolzen von „Primaballerina",<br />
Günther Over, vom Haremstanz<br />
über den Auftritt der Poller<br />
Mllchmädcher bis zum Shimmy<br />
und zum revuereifen „St. Louis<br />
Blues March" Im Original-<br />
Glenn-Miller-Sound im wahr<br />
sten Sinne des Wortes auf die<br />
Beine stellt, das ist wahrhaft al<br />
len Jubel wert.<br />
Das Ist das hohe Verdienst von<br />
Peter Schnitzler, der sich in den