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Der Burgbote 1983 (Jahrgang 63)

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Musik aktuell<br />

„... denn wer als Meister ge<br />

boren-der hat unter Meistern<br />

den schlimmsten Stand."<br />

(Richard Wagner)<br />

Keine leichte Kost sei ein<br />

Wagner-Programm für den<br />

Konzertbesucher - so kann<br />

man es allenthalben nachlesen<br />

und hören. Offensichtlich be<br />

steht aber kein Zusammen<br />

hang zwischen „schwerer Kost"<br />

und „schlechter Verdaulichkeit"<br />

- zumindest auf musikalischem<br />

Gebiet. Die Reaktionen auf un<br />

ser Wagner-Konzert lassen die<br />

sen Schluß zu. Mancher Sänger<br />

konnte sich der Überraschung<br />

nicht entziehen, welche Wir<br />

kung diese in der Frobenarbeit<br />

oft trockenen und zusammen<br />

hanglos klingende Musik im<br />

Konzertsaal zu entfalten im<br />

stande ist. Wagners Werke füh<br />

ren den Zuhörer immer wieder<br />

in Extreme, die einander eben<br />

so oft zuwiderlaufen. Dieserlätsache<br />

trug das Konzertpro<br />

gramm Rechnung, indem es<br />

zwar einen repräsentativen<br />

Querschnitt durch das Gesamt<br />

werk schuf, ohne dabei aber die<br />

stilistischen Gegensätze allzu<br />

sehr zu betonen.<br />

Kritische Stimmen bemän<br />

geln den ihrer Meinung nach zu<br />

geringen Einsatz des Chores<br />

und dessen Rolle als vermeintli<br />

ches „Begleitinstrument". Dies<br />

sei kein lüVIGV-Konzert - so war<br />

zu hören. Diese zum Tfeil bereits<br />

in der Pause geäußerten Be<br />

denken mögen eher der Ag<br />

gressivität des Hagenauftrittes<br />

und dessen Waffengetöse als<br />

einer kreativen Überlegung ent<br />

wachsen sein. Ganz davon ab<br />

gesehen, daß unsere Probenbe<br />

lastung schon mit diesem Pro<br />

grammausmaß an die Grenze<br />

unserer Leistungsfähigkeit<br />

führte und auch davon abgese<br />

hen, daß es kein KMGV-Konzert,<br />

sondem ein Gemeinschafts<br />

konzert mit dem Ford-Orche<br />

ster war, weist die Wagner-Lite<br />

ratur kaum Männerchöre auf,<br />

alsjene, die im Konzert auch zur<br />

Aufführung gelangten. Orche<br />

ster- und Solisteneinlagen tru<br />

gen erfolgreich zu der bereits<br />

beschriebenen Ausgewogen<br />

heit des Programms bei.<br />

Tfotz der berühmten „Hagen"-Stelle<br />

in der Götterdäm<br />

merung und einem einsamen<br />

Solisten beim ersten „Halleluja"<br />

des Pilgerchores, war die Lei<br />

stung des Chores für meine Be<br />

griffe durchaus in der Lage, die<br />

sem alle Ehre zu machen. Und<br />

einem gewissen Gefühl des<br />

Stolzes konnten sich nach dem<br />

Steuermann-Chor wohl auchjene<br />

nicht entziehen, die gerne<br />

noch etwas mehr gesungen<br />

hätten.<br />

Das Wagner-Jahr geht sei<br />

nem Ende entgegen. Die<br />

zwangsläufige Einseitigkeit im<br />

Programm für denjenigen, der<br />

die Prägung eines solchen Ge<br />

denkjahres musikalisch mitge<br />

staltet, wurde zumindest im<br />

Fälle des KMGV durch den Er<br />

folg dieses Versuches nachträg<br />

lich gerechtfertigt. Dank sei da<br />

rum gesagt allen Solisten für ih<br />

re engagierte und anspruchs<br />

volle Mitwirkung, dem Orche<br />

ster für die gute Zusammenar<br />

beit und den Beitrag zum ge<br />

meinsamen Erfolg und unse<br />

rem Dirigenten Anerkennung<br />

für die großartige Leistung die<br />

ses Konzertes.<br />

Vielleicht ist es gerade das<br />

faszinierende an großen Kon<br />

zerten, daß Jeder auf die Lei<br />

stung des anderen bauen -<br />

oder resignieren muß, daß sie<br />

das Bewußtsein hinterlassen,<br />

die Musik erst wieder zu der<br />

Kunst erhoben zu haben, zu<br />

welcher sie - im Gegensatz zu<br />

Jeder anderen Form der Künste<br />

- nur durch den Sänger und Mu<br />

siker werden kann. Keine Musik<br />

wäre länger eine Kunst, die<br />

nicht von Menschen am Leben<br />

gehalten und immer von<br />

neuem erweckt würde. Mit dem<br />

Bewußtsein dieser Wechselbe<br />

ziehung und der existentiellen<br />

Gleichwertigkeit zwischen Mu<br />

sik und Musiker, zwischen<br />

Kunst und Künstler sollten wir -<br />

auch ohne Wagner - in das<br />

nächste Jahr unseres Wirkens<br />

hineingehen, mit dem Selbst<br />

vertrauen, das Richard Wagner<br />

so ausdrückt:<br />

„Daß unsre Meister sie geehrt<br />

grad recht nach ihrer Art<br />

nach ihrem Sinne treu gehegt,<br />

das hat sie echt bewahrt:<br />

blieb sie nicht adlig, wie zur Zeit,<br />

wo Hof und Fürsten sie geweiht,<br />

im Drang der schlimmen Jahr<br />

blieb sie doch deutsch und<br />

wahr;<br />

und wär sie anders nicht<br />

geglückt,<br />

als wie, wo alles drängt und<br />

drückt,<br />

Ihr seht, wie hoch sie blieb in<br />

Ehr:-<br />

was wollt Ihr von den Meistern<br />

mehr?" Henning Jäger

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