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Der Burgbote 1983 (Jahrgang 63)

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Gespräch<br />

mit einem zeitgenössischen<br />

Komponisten<br />

Dr. Walter Kleflsch zählt heu<br />

te zu den erfolgreichsten Chor<br />

komponisten der Nachkriegs<br />

zelt Von seinem Hit „Habanera"<br />

wurden bisher 90.000 Partitu<br />

ren verkauft. Im Laufe eines<br />

Jahres gelangt diese Komposi<br />

tion ca. 1 SOmal zur Aufführung.<br />

Zwei Dutzend Chöre in Deutsch<br />

land haben Schallplatten mit<br />

seinen Werken besungen. Auf<br />

den Konzertprogrammen des<br />

KMGV erscheint häufig das<br />

„Reiterlied" nach einer russi<br />

schen und „Das Gebet" nach<br />

einer jugoslawischen Volks<br />

weise. Vom Herbstkonzert<br />

1979 des KMGV ist uns die<br />

Uraufführung der vorstehend<br />

abgedruckten Komposition<br />

„Cala d'or" bekannt.<br />

Die Kompositionen von Dr.<br />

Walter Klefisch tragen impres<br />

sionistische Züge und sind<br />

stark dem Melodischen verhaf<br />

tet. Sie sind nicht leicht gesetzt<br />

und ließen bereits „Meisterchö<br />

re" scheitern. Die Melodien, die<br />

Dr. Klefisch vornehmlich in den<br />

oben näher benannten Land<br />

strichen sammelt, haben in der<br />

Regel 8 bis 16 Täkte Musik im<br />

Volksliedcharakter, zu wenig für<br />

einen Chorsatz, so daß meist ein<br />

Mittelteil ergänzt werden muß.<br />

Inzwischen hat Dr. Klefisch aus<br />

22 Ländern Volkslieder gesam<br />

melt und in seinem komposito<br />

rischen Schaffen verwertet.<br />

Tfistan ist für ihn der Schluß<br />

punkt abendländischer Musik.<br />

Richard Strauss, Maurice Ravel<br />

und Claude Debussy sind seiner<br />

Meinung nach die letzten gro<br />

ßen Musiker.<br />

Als Schriftsteller hat sich<br />

Dr. Walter Klefisch vor allem<br />

durch Übersetzungen hervor<br />

getan. 16 Rossini-Publikationen<br />

sind inzwischen in Italien und<br />

Deutschland erschienen. Von<br />

Goldoni hat er die ersten drei<br />

Komödien ins Deutsche über<br />

setzt. Briefe von Rossini und<br />

Bizet sind weitere Überset<br />

zungsarbeiten.<br />

Die Ftage nach dem Vater<br />

Dr. Josef Klefisch, ehemaliger<br />

Präsident des KMGV (1933-<br />

1945), durfte bei diesem Ge<br />

spräch selbstverständlich nicht<br />

ausbieiben. <strong>Der</strong> Filius gestand<br />

freimütig, die musikaiische Be<br />

gabung von seinem Vater<br />

geerbt zu haben, der gerne Sän<br />

ger geworden wäre. Seine<br />

Großmutter hätte dies zu ver<br />

hindern gewußt, weil nach ihrer<br />

Meinung der Beruf des Sängers<br />

nicht solide genug war. So wur<br />

de der Vater Rechtsanwalt. Sein<br />

Beruf diente dem Broterwerb,<br />

die Ffeizeit widmete er mit sei<br />

ner schönen Baritonstimme<br />

ganz dem Gesang und dem<br />

raviGV. Bevorzugter Komponist<br />

des Vaters war R"anz Schubert.<br />

Dr. Walter Klefisch erzählte, daß<br />

er als kleiner Junge oft neben<br />

dem Flügel gestanden habe,<br />

wenn sein Vater musizierte, und<br />

nicht ohne Stolz erwähnte er,<br />

daß er Im frühen Kindesalter<br />

„Den kleinen Haushalt" von Carl<br />

Loewe beherrscht habe. Ein<br />

ärztliches Singverbot habe we<br />

gen eines Knotens an den<br />

Stimmbändern die mögliche<br />

sängerische Karriere vereitelt.<br />

Sein höchstes Ziel In der Jugend<br />

war, eine Komposition für den<br />

KMGV zu schreiben, die dieser<br />

im Gürzenich aufführe. Dies sei<br />

ihm als 22Jährigem gelungen.<br />

Zu seiner Komposition habe der<br />

Vater den Tfext geschrieben. Am<br />

Klavier wurde das Jünglings<br />

werk dem damaligen Dirigen<br />

ten des KMGV, Prof. Tfunk, vor<br />

gespielt, der es dann auch im<br />

Gürzenich uraufführte. Von sei<br />

ner „sängerischen Tätigkeit" im<br />

KMGV ist ihm besonders die<br />

Akustik einer Konzerthalle in<br />

Brüssel in Erinnerung geblie<br />

ben, in der ihm der Chor als eine<br />

riesige „Menschenorgel" vorge<br />

kommen sei.<br />

Bei der Betrachtung der heu<br />

tigen Musikszene erinnerte<br />

Dr. Walter Klefisch an das Vor<br />

wort von Hermann Hesse zu<br />

„Das Glasperlenspiel". Hier wird<br />

u.a. das Verhältnis der Kultur<br />

zur Musik beschrieben. Greifen<br />

wir uns zwei Thesen heraus,<br />

und die Übereinstimmung mit<br />

dem Gesprächspartner ist her<br />

gestellt: „Die Musik beruht auf<br />

der Harmonie zwischen Himmel<br />

und Erde, auf der Übereinstim<br />

mung des Tfüben und des Lich<br />

ten. - Die verfallenden Staaten<br />

und die zum Untergang reifen<br />

Menschen entbehren freilich<br />

auch nicht der Musik, aber ihre<br />

Musik ist nicht heiter. Darum:Je<br />

rauschender die Musik, desto<br />

melancholischer werden die<br />

Menschen, desto gefährdeter<br />

wird das Land, desto tiefer sinkt<br />

der Fürst. Auf diese Weise geht<br />

auch das Wesen der Musik ver<br />

loren."<br />

Den Zustand eines Volkes<br />

oder einer Kultur einzuschätzen<br />

lehrte bereits Konfuzius (521-<br />

478 V. Chr.). Seine Formel lautet:<br />

Wollt ihr wissen,<br />

ob ein Land regiert<br />

und gut gesittet sei,<br />

so hört seine Musik.<br />

Wenn die Welt chaotisch wird,<br />

werden das Zeremoniell<br />

und die Musik zügellos.<br />

Mit dieser pessimistischen<br />

Einschätzung der heutigen Si<br />

tuation möchte ich die Zusam<br />

menfassung des Gespräches<br />

nicht beenden. Wenn zuvor<br />

über die Einleitung zu Hermann<br />

Hesses „Das Glasperlenspiel"

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