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Der Burgbote 1983 (Jahrgang 63)

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Für Freunde<br />

geschrieben<br />

Geschichte undGeschicht'chen<br />

im Rahmen einer kleinen<br />

Deutschstunde.<br />

mit Dallas- (Fortsetzungs-)<br />

Effekten<br />

In der Septembernummer<br />

des <strong>Burgbote</strong>n hatte Georg<br />

Riebschläger ausführlich über<br />

die ordentliche Hauptver<br />

sammlung des KMGV vom 22.<br />

August 1982 berichtet. Es war<br />

vornehmlich ein Satz, der mich<br />

nachdenklich stimmte. Da hieß<br />

es: „Es werden noch weitere<br />

Autoren vom Format H. Th.<br />

Henke gesucht." War das nicht<br />

- trotz des darin enthaltenen<br />

Lobes - so eine Art von Abgesang?<br />

Ich stellte mir die Frage,<br />

ob man denn nichts mehr von<br />

mir erwarte. Naja , In mei<br />

nem Alter muß man leider mit<br />

vielem, nur nicht mit gutem<br />

rechnen.<br />

Ich setzte mich also auf meine<br />

vier Buchstaben und begann,<br />

für meinen mutmaßlichen<br />

Nachfolger ein Brevier—so eine<br />

Art Rezeptbüchlein — zu schrei<br />

ben. Darin ist nach dem Motto<br />

„man nehme" vieles über<br />

sprachliche Erfahrungen fest<br />

gehalten, soll über Beobachte<br />

tes berichtet werden und Be<br />

denkenswertes nicht ausge<br />

spart bleiben. Ich will damit nie<br />

manden vergrätzen, sondern<br />

vielmehr alle Schreibwilligen er<br />

mutigen, die Schönheiten und<br />

Möglichkeiten der deutschen<br />

Sprache zu entdecken und zu<br />

benutzen. Im Tälmud heißt es<br />

u. a.: „Das Wort gleicht der<br />

Biene; es hat Honig und<br />

Stachel."<br />

Jedes gesprochene oder ge<br />

schriebene Wort kann edle und<br />

niedrige Gefühle wecken, Liebe<br />

und Haß fördern, der Begeiste<br />

rung und der Entmutigung die<br />

nen, zu Krieg und Frieden füh<br />

ren und uns zum Himmel oder<br />

zur Hölle geleiten. Goethe hatte<br />

schon recht, wenn er hierzu<br />

meint: „Nicht die Sprache an<br />

und für sich, Ist richtig, tüchtig<br />

und zierlich, sondern der Geist<br />

Ist es, der sich darin verkörpert."<br />

Und da alles einer Beweisfüh<br />

rung unterliegt, beginne Ich un<br />

verzüglich mit der<br />

Emser Depesche.<br />

Am 13. Juli 1870 erhielt Bis<br />

marck In Berlin eine Depesche<br />

des preußischen Gehelmrats<br />

Abeken aus Ems. Darin war die<br />

Unterredung des Königs Wil<br />

helm I. mit dem französischen<br />

Gesandten Graf von Benedettl<br />

dargestellt. Benedettl hatte<br />

den König überraschend auf<br />

der Kurpromenade angespro<br />

chen und verlangt, Preußen<br />

solle neben dem bereits durch<br />

den Prinzen von Hohenzollern-<br />

Slgmaringen ausgesprochenen<br />

Verzicht auf die spanische<br />

Thronkandidatur, die Endgül<br />

tigkeit dieser Entscheidung<br />

verbürgen und sich noch nach<br />

träglich für die bei dieser Gele<br />

genheit entstandenen Schwie<br />

rigkelten entschuldigen. Dieses<br />

hatte der König In seiner be<br />

kannt liebenswürdigen Art -Je<br />

doch unmißverständlich - ab<br />

gelehnt. Bismarck empfand die<br />

Ihm zur Veröffentlichung zuge<br />

leitete Fassade als zu nachgie<br />

big. Er verkürzte den Text der<br />

gestalt, daß sich nun eine ver<br />

schärfte Form der Ablehnung<br />

ergab. Die von den französi<br />

schen Medien angeheizte öf<br />

fentliche Meinung reagierte ge<br />

radezu hysterisch. So kam es<br />

schließlich zu einer Kriegserklä<br />

rung an Preußen, zumal man<br />

französlscherseits glaubte, die<br />

süddeutschen Staaten, aber<br />

auch Sachsen und vor allem<br />

Österreich, würden die gün<br />

stige Gelegenheit, Preußen ge<br />

meinsam mit Frankreich nie<br />

derzuringen, In Jedem Falle<br />

wahrnehmen. Wie es Jedoch<br />

dann kam, Ist meinen Lesern<br />

sicherlich bekannt. Aber man<br />

sieht, daß Im gesprochenen,<br />

mehr aber Im geschriebenen<br />

Wort eine große Brisanz liegen<br />

kann. Daher sollte Jeder, der<br />

Verantwortung für andere<br />

Menschen zu tragen hat, unbe<br />

schadet eigener Empfindlich<br />

keiten und abseits aller Launen,<br />

sorgfältig wägen, bevor unwi<br />

derrufliche Entscheidungen fal<br />

len. Das gilt für alle Lebensbe<br />

reiche im besonderen für die<br />

Politik. Kriege sind sowieso un<br />

geeignete Mittel, Recht zu<br />

suchen und zu finden. Die da<br />

malige Tendenz, eine vermeint<br />

lich lädierte Ehre der Nation mit<br />

Hekatomben von Toten und<br />

Verwundeten, Zerstörungen<br />

und gehäuftem menschlichen<br />

Leid wahren und wiederherstel<br />

len zu müssen, kann In der Ge<br />

schichte der Menschheit nie

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