Jonathan lernt leben_v3.08_Buch_Druckversion

dazu müsste er seinen Rucksack ausziehen und das ist ihm
zu anstrengend. Es ist ja auch noch nicht wirklich kalt.
Jonathan wird es schlecht. Heute hat er die Wolke bis in die
Schule mitgenommen, es ist also wirklich ein schlechter
Tag.
Ivan steckt einen Kopfhörer in Jonathans Ohr. Es ist ein Lied,
das Jonathan auch schon irgendwo gehört hat. Er kennt es
aber nicht wirklich. Irgendein Klavierstück.
„Klingt gut, woher ist das?“
„Es heisst The River Flows in You.”
„Das hab ich schon mal gehört.“
„Ich dachte mir, es klingt noch ähnlich wie die
Filmmusik, die du magst.“
„Irgendwie schon. Ist es Filmmusik?“
„Ich weiss nicht, ich hab’s auf YouTube gefunden.
Da stand nix dazu. Ich glaube also nicht.“
„Schade, den Film hätt ich mir gern angesehen.“
Jonathan läuft mit Ivan nach draussen. Es ist ein
gewöhnlicher Schultag, Ivan wird also nachhause gehen und
Hausaufgaben machen. Jonathan geht vielleicht noch
Fahrrad fahren. Er möchte das nochmals tun, bevor es nass
und kalt wird.
So geht er zuhause in den Innenhof, holt sein Fahrrad
hervor und fährt dem Maybachufer entlang. Es ist nicht so
angenehm, wie er es sich erhofft hat, aber es tut ihm
dennoch gut. Das Gefühl, das er bekommt, wenn er an den
langsamen Fussgängern vorbeifährt, tut gut. Das Gefühl der
Geschwindigkeit, der Unaufhaltsamkeit. Er möchte nicht
nachhause zurück, er möchte davonfahren, immer
geradeaus, bis er in Dresden ankommt. Dort fängt er ein
neues Leben an. Weg von Berlin, weg von der Schule, weg
von seinen Sorgen. Aber er muss abends zuhause sein. Seine
25