Michael Evers - bei föpäd.net
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Lese-Rechtschreibschwäche 17<br />
geübt wird. Die Eltern lese-rechtschreibschwacher Kinder haben offensichtlich ein Pro-<br />
blem, das Leistungsverhalten und die Leistungsprobleme ihrer Kinder zu steuern (vgl.<br />
ANGERMAIER 1982, S. 212). Dieser Fakt spielt in der Genese der LRS sicherlich keine<br />
ursächliche Rolle, sondern wird eher die sekundären Begleitsymptome verstärken.<br />
1.4.3 Neuropsychologische Erklärungsansätze<br />
Schriftsprache ist eine komplexe Leistung, die z.B. eine intakte Lernfähigkeit, aus-<br />
reichende Sinnesfunktionen sowie eine ausreichende Integration sprachlicher,<br />
visueller, auditiver und motorischer Funktionen voraussetzt. Neuropsychologische<br />
Erklärungshypothesen setzten genau <strong>bei</strong> diesen zentral-nervösen Funktionen an. Sie<br />
konzentrieren sich auf Dysfunktionen in der zentral-nervösen Verar<strong>bei</strong>tung von Schrift-<br />
sprache bzw. schriftsprachlicher Informationen. Da<strong>bei</strong> soll keinesfalls das Vorhanden-<br />
sein einer Hirnschädigung postuliert werden. Vielmehr geht es darum, das Wissen um<br />
die Entwicklung zentral-nervöser Funktionen und um die Organisation des Zentralner-<br />
vensystems dazu zu benutzen, den Beitrag dieser konstitutionellen Faktoren <strong>bei</strong> der<br />
Entstehung der individuellen Schwierigkeiten der Kinder zu klären (vgl. WARNKE 1990,<br />
S. 12). Offen bleibt da<strong>bei</strong> die Frage, worin die ursächliche Dysfunktion genau besteht.<br />
Denkbar wäre „eine ‚nachweisbare strukturelle bzw. funktionelle Störung des zentralen<br />
Nervensystems‘, eine ‚zentralnervöse Funktionsstörung‘ für die sich aber kein struktu-<br />
relles Korrelat finden läßt, ‚eine verlangsamte oder andersartige Reifung von zentral-<br />
nervösen Funktionen‘ oder schließlich eine ‚individuelle Variation zentral-nervöser<br />
Funktionen‘“ (WARNKE 1990, S. 12). Bei der Entwicklung zentral-nervöser Funktionen<br />
und ihrer strukturellen Architektur ist neuronale Aktivität mitbestimmend, die wiederum<br />
ge<strong>net</strong>isch bedingt oder durch Umwelteinflüsse determiniert sein kann.<br />
Diese übergeord<strong>net</strong>en Überlegungen fächern sich in vielfältige neuropsychologische<br />
Ansätze auf, die im folgenden kurz charakterisiert werden sollen.<br />
(1) Abnorme anatomische Entwicklung der Hirnregionen, die für den Erwerb von<br />
Schriftsprache als ausschlaggebend angesehen wird, bzw. der intra- und inter-<br />
hemisphärischen Verbindungen (vgl. WARNKE 1990, S. 13).<br />
Diese Hypothese wird von neueren anatomischen Befunden gestützt. GALABURDA<br />
fand <strong>bei</strong> seinen Untersuchungen an acht Gehirnen früh verstorbener legasthener<br />
Personen eine entwicklungsbedingte, minimale Anomalie in der Hirnrinde und in<br />
einigen tieferliegenden Strukturen des Gehirns (vgl. DUMMER-SMOCH 1995, S. 4;<br />
ROSENKÖTTER 1997, S. 80).<br />
(2) Gestörter Aufbau funktioneller Hemisphärendominanz von an sich lateralisierter<br />
Hirnfunktionen bzw. eine abnorme Entwicklung der Lateralisierung schriftsprach-<br />
licher Informationsverar<strong>bei</strong>tung.<br />
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