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Die visuelle Sensorik 28 2.3.3 Beidäugiges (binokulares) Sehen Ein wichtiger Aspekt in der visuellen Sensorik ist das bionokulare Sehen, das gleich- zeitige Sehen mit beiden Augen. Die Voraussetzung dafür ist die Verschmelzung der Bildeindrücke beider Augen zu einem. Dieser Vorgang wird als Fusion bezeichnet, wobei zwischen motorischer und sensorischer Fusion zu unterscheiden ist. Bei der motorischen Fusion wird durch Muskelarbeit der sechs äußeren Augenmuskeln die Augenstellung verändert. Beim Blick in die Ferne stehen die Augen parallel zuein- ander, wobei sich im Idealfall alle Augenmuskeln im gleichen Spannungszustand befinden. Soll nun ein Objekt in der Nähe betrachtet werden, so müssen sich die beiden Augen in der Regel einwärts drehen. Damit soll erreicht werden, daß sich die Fixierlinien beider Augen am zu betrachtenden Objekt schneiden, wodurch dieses in der Fovea bzw. Foveola, dem Bereich des besten Sehens, scharf abgebildet wird. Dieser Vorgang wird auch als Vergenz bezeichnet. Wird die Verschmelzung der Blick- eindrücke beider Augen nur teilweise oder gar nicht durch Vergenz erreicht, dann wird von sensorischer Fusion gesprochen. In diesem Fall werden die beiden unterschied- lichen Bilder durch Schaltvorgänge im Gehirn verschmolzen. Im Zusammenhang des beidäugigen Sehens ist auch das räumliche Sehen zu nennen, das die Wahrnehmung von Tiefenunterschieden ermöglicht. Dieses ist nur dann möglich, wenn der zu betrachtende Gegenstand in beiden Augen auf korrespon- dierenden Netzhautstellen abgebildet wird. Jede Stelle neben diesem Gegenstand wird nun aufgrund der Tatsache, daß die Augen beim Menschen etwas auseinanderstehen, mit einem minimal anderen Blickwinkel betrachtet. Werden die beiden Bilder im Gehirn nun zur Deckung gebracht, dann können aus der Blickwinkeldifferenz Tiefenunter- schiede abgeschätzt werden. Die Entwicklung dieser Fähigkeit ist im allgemeinen erst mit sechs Jahren abgeschlossen (vgl. MILZ 1996, S. 86f). Die wohl bekannteste Störung des beidäugigen Sehens ist das Schielen. Bei ihm fällt das Abbild eines betrachteten Gegenstandes in beiden Augen nicht auf korrespon- dierende Netzhautstellen, was bei einem betroffenen Kind dazu führt, daß es doppelt sieht. Um dies zu vermeiden, unterdrückt es meist die Informationen von einem Auge. Zwar werden dadurch Doppelbilder verhindert, da aber das Sehen mit dem schielen- den Auge dann nicht trainiert wird, erreicht dieses nicht die volle Sehschärfe. Folglich kommt es auch zu Defiziten bei Leistungen, die auf dem beidäugigen Sehen basieren, wie z.B. das räumliche Sehen. www.foepaed.net
Die visuelle Sensorik 29 Prinzipiell können manifestiertes und latentes Schielen unterschieden werden. Bei ersterem, dem sogenannten Strabismus, ist die Schielstellung von außen erkennbar. Diese Form hat in der Regel oben beschriebenen Mechanismus zur Folge und sollte deshalb baldmöglichst von einem Augenarzt behandelt werden. Das latente oder ver- deckte Schielen, auch Winkelfehlsichtigkeit oder Heterophorie genannt, wird in Kapitel 4 näher behandelt. www.foepaed.net
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