Margaret Fullers transnationales Projekt : Selbstbildung, feminine ...
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<strong>Margaret</strong> Fuller: Kulturelle Vermittlerin<br />
Beethoven an Bettina von Arnim, in dem sich der Komponist über den Dichter<br />
äußert, lediglich, dass es sich um einen Auszug eines Briefes handelt, der 1812 in<br />
Töplitz verfasst wurde. Fuller gibt keine weitere Angaben an, was dem Leser<br />
erschwert, die Übersetzung mit dem Originaltext zu vergleichen und sich den<br />
Kontext des Zitats zu vergegenwärtigen. Ein weiteres Beispiel für diese Vorgehensweise<br />
ist das Motto, das Fuller ihrem Aufsatz voranstellt. Fuller zitiert zwei Passagen<br />
mit der folgenden vagen Angabe: „The first of these mottoes is that prefixed by<br />
Goethe to the last books of ‘Dichtung und Wahrheit’.“ 139 Während Fuller für das<br />
zweite Zitat keine Quelle angibt, erschwert die Angabe für das erste Zitat dem<br />
Leser, die Passage aus Dichtung und Wahrheit ausfindig zu machen. Der Satz „Nemo<br />
contra deum nisi deus ipse“ ist das Motto zu dem vierten Buch von Dichtung und<br />
Wahrheit, das Goethe in dem zwanzigsten Kapitel des vierten Buches erläutert. 140<br />
Fuller verzichtet auch bei weiteren Übersetzungen aus Dichtung und Wahrheit auf<br />
genaue Angaben, was ihr hilft, ihre übersetzerischen Freiheiten zu verstecken.<br />
Die Verbindung von Interpretation und Übersetzung kennzeichnet die<br />
Methode, die Fuller auch in anderen literaturkritischen Schriften verfolgt. Ein<br />
interessantes Beispiel ist ihre Rezension von R. H. Wilde’s Conjectures and Researches<br />
Concerning the Love, Madness, and Imprisonment of Torquato Tasso, die in der<br />
Januarausgabe 1842 in The Dial erscheint. Fuller schließt ihren Aufsatz mit der<br />
Übersetzung einer Szene aus Goethes Text, den sie bereits im März 1834<br />
vollständig übersetzt hat, ohne jedoch die Übersetzung zu veröffentlichen. In ihrer<br />
Rezension erörtert Fuller die Anziehungskraft klassischer Charaktere und illustriert<br />
am Beispiel der Figur des Tasso die Wirkung, die eine historische Figur ausüben<br />
kann. Für Fuller ist Wildes Buch ein Beispiel dafür, dass ein klassisches Thema nie<br />
erschöpft ist und neue Bearbeitungen weitere Perspektiven bieten. 141 Die Rezension<br />
eröffnet Fuller die Möglichkeit, sich auf literaturkritischer Ebene mit der Figur des<br />
Tasso auseinander zu setzen und darzulegen, welche Bedeutung der Charakter, mit<br />
dem sie sich identifiziert, für sie hat. Fuller betont, dass es für sie wichtig sei, der<br />
Öffentlichkeit die Figur des Tasso vorzustellen und die Gefühle, die das Drama bei<br />
ihr hervorruft, zu vermitteln:<br />
Poor Tasso in the play offered all his love and service too officiously to<br />
all. They rejected it, and declared him mad, because he made statements<br />
too emphatic of his feelings. If I wanted only ideal figures to<br />
think about, there are those in literature I like better than any of your<br />
living ones. But I want far more. I want habitual intercourse, cheer,<br />
139 FULLER, „Goethe“, 1.<br />
140 GOETHE, Dichtung und Wahrheit, 777; 900-01.<br />
141 Fuller erklärt in ihrer Rezension: „Even as the great classic subject, taken from the<br />
annals of Greece never tire, because we are more and more interested to see what gloss a<br />
new mind will put on the old text, so are we never weary of the argument as to the<br />
innocence of the Queen of Scots, conjectures as to the Iron Mask, or the imprisonment of<br />
Tasso.“ FULLER, „Conjectures and Researches Concerning the Love, Madness, and Imprisonment of<br />
Torquato Tasso“, 399.