Margaret Fullers transnationales Projekt : Selbstbildung, feminine ...
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Freundschaftskult 209<br />
Jenseits vereint werden, findet sich in dem Gedicht „To the Same. Glen Anna“, in<br />
dem das lyrische Ich erklärt, die Liebe der Freundin werde nicht durch irdische<br />
Zwänge zerstört. 43 In einem weiteren Gedicht, „To A.H.B. On our meeting, on my<br />
return from N.Y. to Boston, August 1835“, verleiht die Sprecherin der Hoffnung<br />
Ausdruck, mit der Freundin in einem anderen Leben vereint zu werden: „And [...]<br />
in God’s good time we shall know, / perfect rest.“ 44<br />
Vorbilder für tränenreiche empfindsame Abschiedszenen findet Fuller<br />
sowohl in Siebenkäs als auch in Klopstocks frühen Freundschaftsoden.<br />
„[B]rennende Tränen“ und „überrinnende Augen“ sind typisch für den Abschied<br />
der Freunde in Siebenkäs; in Klopstocks Oden vergießt der Sprecher „lindernde<br />
Thränen“ und glaubt, er müsse sein Leben durchweinen. 45 In dem Gedicht „To A.H.B.<br />
On Our Meeting, on My Return from N.Y. to Boston, August 1835“ verwendet Fuller<br />
zentrale Motive der Empfindsamkeit und zelebriert das Reich der Freundschaft, das der<br />
kalten und unfreundlichen Welt des Alltags diametral gegenübergestellt wird. In<br />
Anlehnung an Klopstocks Oden „An Gieske“, „An Ebert“ und „An Bodmer“ spricht<br />
das bewegte lyrische Ich das Gegenüber, dem das Gedicht gewidmet ist, an. Das<br />
empfindsame Motiv des Abschieds, das mit dem Motiv des Weinens verbunden ist,<br />
wird bereits in der ersten Zeile des Gedichtes eingeführt, in der das lyrische Ich<br />
ausruft: „Brief was the meeting, – tear-stained, full of fears / For future days, and<br />
sad thoughts of the past.“ 46 In „An Gieske“ stellt Klopstock ebenfalls die Motive<br />
des Abschieds und des Weinens an den Anfang des Gedichtes:<br />
Geh! ich reiße mich los, obgleich die männliche Tugend<br />
Nicht die Thräne verbeut,<br />
Geh! ich weine nicht, Freund. Ich müßte mein Leben durchweinen,<br />
Weint’ ich dir, Gieske, nach! 47<br />
Die Evokation von Melancholie und Wehmut findet eine Entsprechung in <strong>Fullers</strong><br />
Gedicht, in dem die Sprecherin den Abschied von der Freundin beklagt. Klopstock<br />
betont das Gefühl von Gemeinschaft und Zweisamkeit, wenn er die Freunde mit<br />
„gewählten Gatten“ vergleicht. 48 Auch Fuller hebt die Innigkeit der freundschaftlichen<br />
Verbindung hervor und entwirft das Bild einer Freundschaft, die für die<br />
Partnerinnen ein Refugium ist, das sie vor den Ängsten und Sorgen des Lebens<br />
schützt. Die Freundschaft ist eine Quelle emotionaler Kraft:<br />
Oh could we on the waves have lingered then,<br />
Or in that bark, together borne away,<br />
43 Die Sprecherin erklärt: „She still will love, if ne’er we meet again“, Anhang D.4.<br />
44 Anhang D.2.<br />
45 RICHTER, Siebenkäs, 68, 69. KLOPSTOCK, „An Ebert“, z.6-7.<br />
46 Anhang D.2.<br />
47 KLOPSTOCK, „An Gieske“, z.1-5. Auch in dem Gedicht „An Ebert“ verbindet<br />
Klopstock das Motiv des Abschieds mit dem Motiv des Weinens, wenn das lyrische Ich<br />
dem Freund zuruft: „Weggehn muß ich, und weinen! vielleicht, daß die lindernde / Thräne<br />
/ Meinen Gram mir verweint.“ KLOPSTOCK, „An Ebert“, z. 6-8.<br />
48 KLOPSTOCK, „An Gieske“, z.8.