Margaret Fullers transnationales Projekt : Selbstbildung, feminine ...
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<strong>Margaret</strong> Fuller: Kulturelle Vermittlerin 97<br />
Transzendentalisten, die die Wichtigkeit des spontanen Ausdrucks von Gefühlen<br />
und Überzeugungen betonen, korrespondiert. Inspiriert durch europäische Denker<br />
wie Anne Germaine de Staël, Samuel Taylor Coleridge und Johann Wolfgang von<br />
Goethe, heben die Transzendentalisten die Bedeutung der Gesprächsform hervor,<br />
die in Neuengland durch die Veröffentlichungen von de Staëls Germany (1814),<br />
Coleridges Table Talks (1835) und <strong>Fullers</strong> Übersetzung von Eckermanns Gespräche<br />
mit Goethe (1839) verbreitet wird und Anerkennung erfährt. 158<br />
Unter den literarischen Clubs nehmen <strong>Margaret</strong> <strong>Fullers</strong> Boston Conversations<br />
eine Sonderrolle ein, da sie als <strong>Projekt</strong> für die Bildung von Frauen konzipiert sind.<br />
Obwohl sich die Bildungssituation der Frauen in Neuengland zwischen 1810 und<br />
1850 zunehmend verbessert, sind die Absolventinnen weiterführender Schulen mit<br />
dem Problem konfrontiert, ihr erworbenes Wissen nicht anwenden zu können, da<br />
die Schulen die jungen Frauen für die Tätigkeiten als Ehefrau und Mutter<br />
vorbereiten und die gesellschaftliche Norm es den Frauen verbietet, ihr<br />
Betätigungsfeld auszuweiten. 159 <strong>Fullers</strong> <strong>Projekt</strong>, das als ein Bildungskonzept für<br />
Frauen zu begreifen ist, ist insofern neu und für die Zeit ungewöhnlich, als sie<br />
anstrebt, Frauen anzuregen, ihre Selbstauffassung zu korrigieren und intellektuelle<br />
Unabhängigkeit zu erreichen. <strong>Fullers</strong> Anliegen ist es, Frauen intellektuell zu bilden<br />
und dazu zu bringen, selbständig und frei zu denken und sich von vorherrschenden<br />
geschlechtsspezifischen Rollenmustern zu lösen. 160 Fuller wendet sich nicht an die<br />
durchschnittlich gebildete Frau, sondern an die kulturelle Elite, die bereits über eine<br />
umfassende Bildung verfügt und in der Lage ist, den Eintritt für den literarischen<br />
Club zu zahlen. Zu den Mitgliedern gehören unter anderem Freundinnen <strong>Fullers</strong>,<br />
wie Almira Barlow, Eliza Farrar, Anna Barker Ward, Caroline und Ellen Sturgis,<br />
Mary Channing und Mary und Sophia Peabody. Eine weitere Gruppe von<br />
Mitgliedern besteht aus Frauen, die mit führenden Denkern der Zeit verheiratet<br />
oder verwandt sind, wie zum Beispiel Lidian Emerson, Sophia Ripley, Sarah Clarke,<br />
Elizabeth Davis Bancroft und Lydia Cabot Parker. Zu den Mitgliedern, die sich in<br />
anderen Bereichen selbst aktiv engagieren, gehören Ann Terry Phillips, Louisa<br />
Gilman Loring, Lydia Maria Child, Sarah Alden Ripley und Elizabeth Peabody. 161<br />
Bei der ersten Zusammenkunft des literarischen Clubs kritisiert <strong>Margaret</strong><br />
Fuller die Bildungssituation der Frauen, die es ihnen nicht ermöglicht, ihr<br />
erworbenes Wissen anzuwenden und intellektuelle Unabhängigkeit zu erreichen:<br />
158 Vgl. MOTT, Encyclopedia of Transcendentalism, 42.<br />
159 Vgl. SOLOMON, In the Company of Educated Woman, 27-42, COTT, The Bonds of Womanhood,<br />
101-125. Solomon und Cott stellen die paradoxe Situation dar, mit der junge Frauen<br />
konfrontiert wurden: Trotz der verbesserten Bildungssituation veränderte sich die<br />
geschlechtsspezifische Rollenverteilung nicht und die gesellschaftliche Norm verbot es den<br />
Frauen, ihr Selbstbild zu verändern und sich von traditionellen Mustern zu lösen.<br />
160 Vgl. CAPPER, „<strong>Margaret</strong> Fuller as Cultural Reformer“, 513.<br />
161 Vgl. CAPPER, „<strong>Margaret</strong> Fuller as Cultural Reformer“, 510-11, SIMMONS, „<strong>Margaret</strong><br />
Fuller’s Boston Conversations“, 200-01.