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Margaret Fullers transnationales Projekt : Selbstbildung, feminine ...

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Bilder des Weiblichen: <strong>Margaret</strong> Fuller und die frühromantische Schule 195<br />

Während sowohl in Lucinde als auch in den Hymnen an die Nacht die Begegnung<br />

zwischen der magischen Frau und dem männlichen Gegenüber geschildert und die<br />

sinnliche Vereinigung zwischen den beiden Figuren gefeiert wird, stellt <strong>Margaret</strong><br />

Fuller in „Leila“ eine deutlich andere Situation vor und beschreibt, wie sich eine<br />

Frau auf die Suche nach der mystischen Figur begibt. Obwohl Leila wie Sophie und<br />

Lucinde als das Objekt der Sehnsucht bezeichnet wird, das das Gegenüber ergänzt,<br />

macht Fuller einen zentralen Unterschied und schafft mit Leila eine Figur, die für<br />

Aspekte der Persönlichkeit der Sprecherin steht. Wie bereits im vierten Kapitel dieser<br />

Arbeit erläutert, gewinnt <strong>Margaret</strong> Fuller durch die Beschäftigung mit Goethes<br />

Konzept des Dämonischen die Erkenntnis, dass Teile der Psyche im Unbewussten<br />

liegen und dem Menschen verborgen bleiben. <strong>Fullers</strong> Interesse an den Tiefen des<br />

Selbst wird durch die Beschäftigung mit Novalis’ Schriften verstärkt, und sie wird<br />

inspiriert, die Nacht als Symbol für das Unbewusste anzunehmen. In „Leila“<br />

verbindet Fuller Gedanken, die sie bei ihrer Beschäftigung mit Goethes Werken<br />

entwickelt, mit Vorstellungen, die Novalis in seinen Schriften darlegt, und charakterisiert<br />

Leila als einen dämonischen Charakter, der im Reich der Nacht lebt. Neben<br />

der Nacht symbolisiert das Unterirdische das Unbewusste und auf Novalis’ Symbolik<br />

bezugnehmend verwendet Fuller das Symbol des Karfunkels, um zu verdeutlichen,<br />

dass Leila, wie <strong>Margaret</strong> Fuller selbst, eine besondere Beziehung zu dem<br />

roten Stein habe. Die Sprecherin erklärt, dass Leila in den Tiefen der Erde lebe:<br />

After one of these [nights], I find her always to have retreated into the<br />

secret veins of the earth. Then glows through her whole being the fire<br />

that so baffles men, as she walks on the surface of earth; the blood-red,<br />

heart’s red carbuncle. She is, like it, her own light, and beats with the<br />

universal heart, with no care except to circulate as the vital fluid; it<br />

would seem waste then for her to rise to the surface. There in these<br />

secret veins she thinks herself into fine gold, or aspires for her purest<br />

self, till she interlaces the soil with veins of silver. 104<br />

Das Bild des Sees, der einen Blick in die Tiefe des Erdreiches erlaubt, verdeutlicht,<br />

dass Leila die Seiten der Persönlichkeit der Sprecherin verkörpert, die ihr selbst oft<br />

verborgen bleiben und die sie zu ergründen versucht. Im See wird die Sprecherin<br />

ihres eigenen Anblicks gewahr und kann frei von den Sorgen des Tages in der<br />

Nacht in die Tiefe ihres Gemütes blicken, die ihr zunächst wie ein dunkles<br />

Geheimnis erscheint. Die Begegnung mit ihrem Alter-Ego Leila wirkt sich positiv<br />

auf die Selbstauffassung der Sprecherin aus, die aus ihrem eigenen Selbst neue<br />

Kraft schöpfen kann. Die Sprecherin glaubt, die Erkenntnis, die sie in der Nacht<br />

gewonnen hat, auch auf das Leben in der Welt des Tages anwenden zu können,<br />

und erklärt, sie sei bereit, die Seiten ihrer Psyche in ihr Selbstkonzept zu integrieren,<br />

die Leila verkörpert:<br />

But, Leila, wondrous circle, who has taken into thyself all my thought,<br />

shall I not meet thee on the radius of human nature? I will be thy<br />

104 FULLER , „Leila“, 170.

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