Margaret Fullers transnationales Projekt : Selbstbildung, feminine ...
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Self Culture: <strong>Margaret</strong> <strong>Fullers</strong> Bildungskonzept<br />
Umgeben von der sich ständig wandelnden Natur erfährt das lyrische Ich, das sich<br />
auf der Suche nach Erkenntnis befindet, die Einheit seines Selbst. Es kritisiert<br />
Menschen, die nicht versuchen, das Mysterium des Lebens zu ergründen, und die<br />
nicht begreifen, dass das Innerste des Menschen, seine Identität, als Einheit<br />
bestehen bleibt: „And the ‘I am’ cannot forbear to be.“ 58 Als Teil des Ganzen kann<br />
der Mensch Einsicht in die Gesetzmäßigkeiten der natürlichen Bildung gewinnen<br />
und der Idee gewahr werden, wenn er sein eigenes Ich erforscht. In Anlehnung an<br />
Goethe stellt Fuller eine Analogie zwischen Natur und Mensch her und erklärt, dass<br />
ein dauerndes Element in Natur und Mensch wirke, obwohl sich beide ständig<br />
wandelten. Wie in Tieren, Pflanzen oder in der anorganischen Welt ist die Idee<br />
auch im Menschen für dessen Bildung verantwortlich. In der Pflanzen- oder<br />
Tierwelt wirkt der Typ als organisierendes Prinzip; der Dämon, als Kern der<br />
Persönlichkeit, bestimmt die Entwicklung des einzelnen Menschen und bleibt<br />
bestehen.<br />
Während die Wirkung Goethes auf <strong>Fullers</strong> Gedicht „The One in All“ von<br />
der Forschung bisher nicht berücksichtigt worden ist, ist bekannt, dass Ralph<br />
Waldo Emerson bei der Komposition seines Gedichtes „Each and All“ das<br />
Gedicht „Eins und Alles“ als Vorlage diente. 59 Die sich ständig verändernde Natur,<br />
der ein göttliches Prinzip zugrunde liegt und die Fuller in ihren Gedichten „Nature“<br />
und „The One in All“ beschreibt, ist auch das Thema des Gedichtes, das Emerson<br />
unter dem Titel „Each in All“ im Februar 1839 in The Western Messenger<br />
veröffentlicht und das im Jahre 1847 als „Each and All“ in The Complete Works of<br />
Ralph Waldo Emerson erscheint. Die Veränderung des Titels in der späteren Version<br />
deutet darauf hin, dass Emerson das Gedicht überarbeitete und seine Erkenntnis,<br />
dass eine reziproke Beziehung zwischen den einzelnen Elementen in der Natur und<br />
dem umfassenden Ganzen bestehe, sich auf die Wahl des Titels auswirkte. 60 Ferner<br />
weist der Titel der späteren Version eindeutiger auf Emersons Bezugstext hin. Es<br />
erscheint nahe liegend, dass sich Emerson mit einer englischsprachigen Version<br />
von „Eins und Alles“ beschäftigte, da er zur Entstehungszeit des Gedichtes darauf<br />
angewiesen war, deutsche Texte in Übersetzungen zu lesen. Während <strong>Margaret</strong><br />
<strong>Fullers</strong> Übersetzung des Gedichtes erst 1910 von Frederic Augustus Braun in<br />
<strong>Margaret</strong> Fuller and Goethe unter dem Titel „Eins und Alles“ veröffentlicht wird,<br />
erscheint John Sullivan Dwights Übersetzung zur Entstehungszeit von Emersons<br />
„Each in All“ in dem dritten Band von George Ripleys Sammlung Specimens of<br />
Foreign Standard Literature. 61 Im Gegensatz zu Fuller übersetzt Dwight den Titel des<br />
Gedichtes, das er „One and All“ nennt. Ein Vergleich von Emersons Gedicht mit<br />
58 FULLER, „The One in All“, z.6.<br />
59 Vgl. DAMERON, „Emerson’s ‘Each in All’ and Goethes ‘Eins und Alles’.“<br />
60 Vgl. N. MILLER, „Emerson’s ‘Each and All’ Concept: A Reexamination“, 381-84.<br />
61 Dwights Anthologie Select Minor Poems of Goethe and Schiller ist in George Ripleys<br />
Sammlung enthalten. Es ist nicht bekannt, dass Emersons <strong>Fullers</strong> Übersetzung des<br />
Gedichtes, die sie vermutlich bereits vor 1840 anfertigte, kannte.