10.01.2013 Aufrufe

Margaret Fullers transnationales Projekt : Selbstbildung, feminine ...

Margaret Fullers transnationales Projekt : Selbstbildung, feminine ...

Margaret Fullers transnationales Projekt : Selbstbildung, feminine ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Freundschaftskult 203<br />

to be devoid of sexual content. Thus a woman [...] could write of affectionate desire<br />

for a loved one of the same gender without causing an eyebrow to be raised.“ 14 Der<br />

Briefwechsel zwischen <strong>Margaret</strong> Fuller und Caroline Sturgis zum Beispiel zeigt, dass<br />

die beiden Frauen tiefe Gefühle füreinander hegten und sie offen darlegten. 15 In<br />

den Briefen huldigen die Freundinnen ihrer empfindsamen Freundschaft und<br />

vergewissern sich gegenseitig ihrer innigen Liebe, Bewunderung und Achtung.<br />

1. Sympathetische Gefühlsgemeinschaft: <strong>Margaret</strong> <strong>Fullers</strong> Darstellung<br />

einer empfindsamen Frauenfreundschaft<br />

Obwohl <strong>Margaret</strong> Fuller weder in ihren literaturkritischen Schriften noch in ihren<br />

Reading-Journals den Begriff ‚Empfindsamkeit‘ verwendet, ist davon auszugehen,<br />

dass sie die deutsche Empfindsamkeit als literarische Strömung des 18.<br />

Jahrhunderts wahrnimmt. Gezielt liest Fuller Jean Pauls empfindsame Romane,<br />

Klopstocks Oden, dessen Briefe an Meta, Goethes Werther und Lessings Dramen<br />

und verarbeitet zentrale Motive der Empfindsamkeit in ihren Gedichten. 16 Das<br />

positiv bewertete und bewusstgemachte Fühlen der Empfindsamkeit spricht die<br />

Amerikanerin an, die nach literarischen Formen sucht, um ihren Gefühlen<br />

Ausdruck zu verleihen. 17 Ich beziehe mich auf Richard Alewyns Bestimmung des<br />

Begriffs ‚Empfindsamkeit‘, die verdeutlicht, welche Aspekte der Strömung Fuller<br />

faszinierten. 18 Alewyn beschreibt die Empfindsamkeit, die nicht als Theorie,<br />

sondern als Erfahrung begonnen habe, als einen Mentalitätswandel, der die<br />

Emanzipation des Gefühls propagiert habe:<br />

Um die Mitte des 18. Jahrhunderts macht sich in den nördlichen<br />

Ländern Europas ein Menschenschlag bemerkbar, der sich anders<br />

14 D’EMILIO & FREEDMAN, Intimate Matters, 121<br />

15 Vgl. DEDMOND, „The Letters of Caroline Sturgis to <strong>Margaret</strong> Fuller“.<br />

16 Fuller verarbeitet die Lektüre von Klopstocks Briefen an Meta in dem Stück, „Meta“, das<br />

sie im Januar 1841 in The Dial veröffentlicht.<br />

17 Jürgen Viering definiert ‚Empfindsamkeit‘ als eine Literatur- und<br />

mentalitätsgeschichtliche Tendenz des 18. Jahrhunderts. Der Begriffsname bezeichnet „ein<br />

(1) gesteigertes, (2) bewußtgemachtes, (3) positiv bewertetes und (4) genossenes Fühlen [...]<br />

das sich in deutschsprachigen literarischen Texten etwa ab 1740 [...] gattungsübergreifend –<br />

in besonderer Weise auch in nicht-fiktiven Gattungen wie Tagebuch und Brief Geltung<br />

verschafft“. VIERING, „Empfindsamkeit“, 438.<br />

18 Richard Alewyns Aufsatz „Was ist Empfindsamkeit?“ ist eine Rezension von Gerhard<br />

Sauders Buch Empfindsamkeit: Elemente und Voraussetzungen. Während Sauder die<br />

Empfindsamkeit als Zweig der Aufklärung bezeichnet und übertriebene Empfindungen,<br />

eine Ausartung des Empfindens, einer aufgeklärten Empfindsamkeit gegenüberstellt, sieht<br />

Alewyn ein Spannungsverhältnis zwischen Empfindsamkeit und Aufklärung. Im Gegensatz<br />

zu Sauder, der sich den Sprachgebrauch zeitgenössischer Kritiker zu Eigen macht und sich<br />

in erster Linie auf theoretische Texte bezieht, betrachtet Alewyn Lebensdokumente und die<br />

von Empfindsamen gelesene Schriften.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!