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Margaret Fullers transnationales Projekt : Selbstbildung, feminine ...

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Self Culture: <strong>Margaret</strong> <strong>Fullers</strong> Bildungskonzept 137<br />

Dichter einzelne ausgewählte Werke vorstellt, tritt in dem Fragment Life of Goethe<br />

ihr Anliegen zu Tage, sich einen umfassenden Eindruck von Goethes Schriften zu<br />

verschaffen und der amerikanischen Öffentlichkeit das gesamte Oeuvre des<br />

Dichters vorzustellen. 123 Fuller beschränkt sich nicht auf eine Analyse der Dramen,<br />

Romane und Gedichte, sondern plant, auch Goethes naturwissenschaftliche Studien<br />

genauer zu betrachten. 124 Bereits diese frühen Aufzeichnungen über Goethes<br />

Leben und Werk zeigen, dass die Romane Wilhelm Meisters Lehrjahre und Wilhelm<br />

Meisters Wanderjahre eine besondere Faszination auf die junge Amerikanerin ausüben,<br />

die Goethes eigene Worte übersetzt und Wilhelm Meister als „one of the most<br />

incalculable productions“ bezeichnet. 125 Das Werk verwirrt <strong>Margaret</strong> Fuller zunächst<br />

und sie scheint sich keine eigene Meinung bilden zu können. Fuller übersetzt in<br />

Auszügen Novalis’ Wilhelm Meister-Kritik, in der das Werk als „thoroughly prosaic<br />

and modern“ bezeichnet wird. Novalis zufolge thematisiere Wilhlem Meister lediglich<br />

das gewöhnliche menschliche Leben und nicht das Phantastische: „The Romantic is<br />

completely levelled in it – so is the poetry of Nature, the Wonderful. The book<br />

treats only of the ordinary affairs of men.“ 126 Fuller, die später in „Goethe“ dieser<br />

Auffassung Novalis’ widerspricht, erwartet von Goethes Roman nicht die Behandlung<br />

romantischer Themen, sondern preist gerade die Darstellung des gemeinen<br />

Lebens und konstatiert, in Wilhelm Meister verschmelze das Reale mit dem<br />

Idealen. 127<br />

Zentrale Begriffe, wie „formation of character“ und „experiences of<br />

external circumstances“, die Fuller in ihrer Übersetzung von Novalis’ Aufsatz<br />

verwendet, greift sie in ihrem späteren Goethe-Essay auf. Während ihrer Arbeit an<br />

der Goethe-Biographie entwickelt Fuller ihren eigenen Interpretationsansatz und<br />

betrachtet, wie sie später in „Goethe“ erklären wird, die Werke des deutschen<br />

123 Vgl. Anhang A.<br />

124 Fuller erwähnt, dass sie plane, sich in einem Teil der Biographie mit Goethes<br />

naturwissenschaftlichen Studien zu beschäftigen, zu denen sie die folgenden Bereiche zählt:<br />

„Mineralogy, Geology, Farbenlehre, Historique of the Farbenlehre, [...] Pflanzenlehre with<br />

a memoir on Osteology.“ Anhang A.<br />

125 In ihrer Goethe-Chronologie notiert Fuller: „Finishes W. Meister, which has occupied<br />

him six years. ‘One of the most incalculable productions,’ he says, ‘for which I myself have<br />

scarecly a measure.’“ Anhang A. Fuller bezieht sich auf die folgende Äußerung Goethes<br />

über das Jahr 1796: „Die Reinschrift des letzten Buches von ‘Wilhelm Meister’ ging endlich<br />

ab an den Verleger. Seit sechs Jahren hatte ich Ernst gemacht, diese frühe Konzeption<br />

auszubilden, zurechtzustellen und dem Drucke nach und nach zu übergeben. Es bleibt<br />

daher dieses eine der inkalkulabelsten Produktionen, man mag sie im ganzen oder in Teilen<br />

betrachten; ja um sie zu beurteilen, fehlt mir beinahe selbst der Maßstab.“ GOETHE, „Tag-<br />

und Jahreshefte“, 446.<br />

126 Anhang A.<br />

127 Vgl. FULLER, „Goethe“ 25. Fuller erklärt: „But the ideal must be rooted in the real, else<br />

the poet’s life degenerates into buffoonery or vice.“

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