Margaret Fullers transnationales Projekt : Selbstbildung, feminine ...
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<strong>Margaret</strong> <strong>Fullers</strong> integratives Konzept einer Nationalliteratur und die deutsche Literatur<br />
fordert, betont er die Bedeutung des kulturellen Erbes Amerikas und legt dar, dass<br />
anglo-amerikanische Dichter aus der europäischen Literatur schöpfen sollten.<br />
Bereits 1830 erklärt William Ellery Channing in „Remarks on National<br />
Literature”, amerikanische Dichter sollten zwar nicht europäische Modelle<br />
imitieren, aber produktiv mit den europäischen Literaturen umgehen: „We need a<br />
literature to counteract, and to use wisely the literature we import.“ 73 Channing<br />
ermutigt die amerikanischen Dichter, andere Kulturen nicht abzulehnen, und<br />
vertritt ein Konzept einer Nationalliteratur, das nationale Grenzen überschreitet. Er<br />
charakterisiert die zeitgenössische literarische Welt als „great family where the<br />
products of the mind are circulated more rapidly than those of machinery“ und ruft<br />
dazu auf, Offenheit gegenüber anderen Literaturen an den Tag zu legen. 74<br />
Channings Forderung, dass amerikanische Dichter über die britische Literatur<br />
hinausgehen und sich mit anderen Kulturen beschäftigen sollten, stellt einen<br />
wichtigen Schritt in dem Disassoziationsprozess von Großbritannien dar. Während<br />
in Knapps und Bryants Ausführungen die britische Literatur als einzige<br />
Bezugsliteratur gesehen wird, erkennt Channing die Bedeutung anderer Literaturen<br />
für die Entwicklung einer anglo-amerikanischen Eigenliteratur und stellt fest:<br />
We should be able to compare the writings of the highest minds in a<br />
great variety of circumstances. Nothing can favor more our own<br />
intellectual independence and activity. Let English literature ever be so<br />
fruitful and profound, we should still impoverish ourselves by making<br />
it our sole nutriment. We fear, however, that at the present moment<br />
English books want much of what we need. 75<br />
Wie auch Henry Wadsworth Longfellow oder William Ellery Channing vertritt<br />
<strong>Margaret</strong> Fuller eindeutig einen integrativen Ansatz, der für ihr Werk von weitaus<br />
größerer Bedeutung ist als ihre Feststellungen, die dem nativistischen Standpunkt<br />
zuzuordnen sind. Fuller erläutert, dass die britische Literatur nicht die einzige<br />
Bezugsliteratur darstellen könne, und betont die Bedeutung anderer europäischer<br />
Literaturen für die Bildung einer distinktiven amerikanischen Literatur. 76 In ihrem<br />
Artikel „Deutsche Schnellpost“ unterstreicht <strong>Margaret</strong> Fuller, die Verbindung der<br />
Alten und der Neuen Welt dürfe nicht abreißen. Sie beschreibt die Zeitschrift<br />
73 W.E. CHANNING, „Remarks on National Literature“, 131.<br />
74 W.E. CHANNING, „Remarks on National Literature,“ 127.<br />
75 W.E. CHANNING, „Remarks on National Literature,“ 137. Channing kritisiert die<br />
amerikanischen Lesegewohnheiten, die in seinen Augen zu sehr an der britischen Literatur<br />
orientiert seien: „Our reading is confined too much to English books, and especially to the<br />
more recent publications of Great Britain. In this we err.“<br />
76 Anhand der Mutter-Kind-Metapher illustriert Fuller, dass die amerikanische Literatur<br />
sich von der britischen zu lösen habe: „Yet there is often between child and parent a<br />
reaction from excessive influence having been exerted, and such a one we have experienced<br />
in behalf of our country against England. We use her language and receive in torrents the<br />
influence of her thought. Yet it is in many respects uncongenial and injurious to our<br />
constitution.“ FULLER, „American Literature“, 231.