KONSTRUKTION & ENGINEERING - konstruktion.de
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SPEKTRUM • ROHSTOFFE<br />
16<br />
Interview mit Dr. Anton Klassert vom Deutschen Kupferinstitut (DKI)<br />
„Recycling als Kupfermine“<br />
Die Kupfernachfrage steigt global. Der Rohstoff preis ist entsprechend hoch. ke NEXT hat nachgefragt, wie<br />
sich die Energiewen<strong>de</strong> auf <strong>de</strong>n Kupfer-Markt auswirkt und wohin sich die weltweite Kupferproduktion<br />
und -nachfrage zukünftig bewegt.<br />
Wie beurteilen Sie die hohe Kupfernachfrage – im Zuge <strong>de</strong>r<br />
Energiewen<strong>de</strong> – und die gleichzeitig steigen<strong>de</strong>n Strompreise in<br />
Folge <strong>de</strong>r Energiewen<strong>de</strong>, die <strong>de</strong>n Kupfer-Herstellungsprozess<br />
wie<strong>de</strong>r unmittelbar <strong>de</strong>terminieren?<br />
Kupfer spart bei <strong>de</strong>r Anwendung ein Vielfaches – zum Beispiel bei<br />
energiee� zienten Elektromotoren das Dreihun<strong>de</strong>rtfache – <strong>de</strong>r Energiemege<br />
ein, die für seine Herstellung verwen<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>. Insoweit stehen<br />
Energiewen<strong>de</strong> und steigen<strong>de</strong> Strompreise für die Herstellung von<br />
Kupfer keineswegs im Wi<strong>de</strong>rspruch. Zu<strong>de</strong>m müssen Sie sehen, dass<br />
Kupfer im Gegensatz zu an<strong>de</strong>ren Metallen wie Stahl o<strong>de</strong>r Aluminium<br />
bei <strong>de</strong>r Mehrzahl <strong>de</strong>r Erze seinen Brennsto� sogar schon mitbringt.<br />
Bei <strong>de</strong>r Verhüttung sul� discher Kupfererze entsteht ein Energieüberschuss.<br />
Lediglich <strong>de</strong>r letzte Reinigungsschritt <strong>de</strong>s fast fertigen Metalls,<br />
die sogenannte Ra� nationselektrolyse, ist ein Stromverbraucher.<br />
Welche Verfahren gibt es beziehungsweise woran wird aktuell<br />
geforscht, um die Kupferproduktion zukunftsfähig und damit<br />
ressourcenschonend zu gestalten?<br />
Die Kupfererzeugung war schon immer zukun� sfähig. Nicht umsonst<br />
ist es im Bergbau und im Recycling in <strong>de</strong>n letzten hun<strong>de</strong>rt Jahren gelungen,<br />
<strong>de</strong>r weiterverarbeiten<strong>de</strong>n Industrie von Jahr zu Jahr im Mittel<br />
vier Prozent mehr <strong>de</strong>s roten Metalls bereitzustellen. Zuletzt waren<br />
es <strong>de</strong>utlich über 20 Millionen Tonnen pro Jahr – Recycling<br />
inklusive. Wesentliche Forschungsschwerpunkte bewegen<br />
sich auf <strong>de</strong>m Feld <strong>de</strong>r Materialbereitstellung, also im Bereich<br />
<strong>de</strong>r Technologieverbesserung zu immer e� zienteren<br />
Gewinnungs- und Recyclingprozessen und auf <strong>de</strong>m<br />
Feld <strong>de</strong>s e� zienten Materialeinsatzes. Die Kombination<br />
aus bei<strong>de</strong>m wird sicherstellen, dass wir auch in Zukun�<br />
genügend Kupfer für alle Anwendungen zur Verfügung<br />
haben – von <strong>de</strong>r Energietechnik bis zu mo<strong>de</strong>rnsten medizinischen<br />
Einsatzbereichen.<br />
Und wie kann sich e� zientes Recycling<br />
etablieren, solange neue<br />
Kupfervorkommen und<br />
verbesserte Abbaumetho<strong>de</strong>n<br />
das zukünftige<br />
Der DKI-Geschäftsführer<br />
Dr. Anton Klassert spricht in<br />
Berlin zum Thema<br />
Kupferversorgung.<br />
3 / 2012<br />
Angebot sichern? Welchen Stellenwert hat das Kupferrecycling<br />
also aktuell?<br />
Diesen Sachverhalt wür<strong>de</strong> ich genau an<strong>de</strong>rs herum formulieren: Kupfer-Recycling,<br />
sogenanntes Urban Mining, ist die e� zienteste Kupfermine<br />
überhaupt. Nur diejenigen Mengen, die wir durch Recycling<br />
nicht <strong>de</strong>cken, holen wir uns aus <strong>de</strong>m Bergbau. Ein Beispiel: Die Wie<strong>de</strong>rverwendung<br />
von Kupfer benötigt nur 10 bis 15 Prozent <strong>de</strong>s Energieeinsatzes<br />
<strong>de</strong>r Primärgewinnung. Dementsprechend kostengünstiger<br />
ist sie. Deshalb wer<strong>de</strong>n Altmetalle im Kupferbereich auch zu hohen<br />
Preisen gehan<strong>de</strong>lt – einfach, weil da ganz viel Wert schon drinsteckt.<br />
Allerdings sind viele Kupfererzeugnisse sehr langlebig. Im Mittel gehen<br />
wir von 30 bis 35 Jahren aus. Nun betrug die Menge an Kupfer, die<br />
vor 30 o<strong>de</strong>r 35 Jahren in die Verwendung gebracht wur<strong>de</strong>, nur wenige<br />
Millionen Tonnen pro Jahr – im Gegensatz zu über 18 Millionen Tonnen<br />
Kupfer aus <strong>de</strong>m Bergbau in <strong>de</strong>r Gegenwart. Selbst, wenn alles<br />
Kupfer wie<strong>de</strong>rverwen<strong>de</strong>t wür<strong>de</strong> – und es wird fast alles wie<strong>de</strong>rverwen<strong>de</strong>t<br />
– bliebe eine Lücke von mehr als <strong>de</strong>r Häl� e, die heute und auf<br />
absehbare Zeit aus <strong>de</strong>m Bergbau zu <strong>de</strong>cken sein wird.<br />
Herr Dr. Klassert, warum schätzen Sie die Wertschöpfung aus<br />
Kupfer in Europa höher ein als in China?<br />
Aus einem einfachen Grund: Wir haben hier in Europa und<br />
gera<strong>de</strong> auch in Deutschland die innovativeren und kreativeren<br />
Unternehmen. Während in China viel Kupfer<br />
in <strong>de</strong>n Au� au <strong>de</strong>r dort benötigten Infrastruktur,<br />
also in Kra� werke, Stromverteilung, Datennetze,<br />
Versorgungsleitungen und mehr � ießt, entwickeln<br />
die europäischen Unternehmen in beson<strong>de</strong>rem<br />
Maße materiale� ziente und intelligente Produkte.<br />
Letzte Frage: Was sind aus DKI-Sicht die entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />
Faktoren <strong>de</strong>s beobachtbaren volatilen<br />
Kupferpreises?<br />
Wir sind keine Finanzfachleute. In unserem laienhaften<br />
Verständnis korreliert hohe Volatilität von<br />
Preisen mit ausgeprägten spekulativen Aktivitäten.<br />
Diese müssen für die Realwirtscha�<br />
keineswegs immer vorteilha� sein, vorsichtig<br />
ausgedrückt.<br />
Autor Das Interview führte Nico Schrö<strong>de</strong>r, Redaktion<br />
Bild: sc