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116 Josef van Ess<br />
setzt hat. 44 Vielleicht waren es diese persönlichen Erfahrungen, um derentwillen<br />
ein Wesir des Selpukensultans Sanpar ihm nahelegte, das K. al-Milal wa-n-nihal<br />
zu verfassen. Das war im Jahr 521/1127–28, und er tat es als stellvertretender Direktor<br />
von dessen Kanzlei (na#ib diwan ar-rasa#il). 45 0asan b. as-Sabba1 war damals<br />
schon drei Jahre tot und er selber, wenn unser neuer Ansatz stimmt, über Fünfzig.<br />
Die übrigen von ihm verfassten Werke fallen in eine noch spätere Zeit. Nur<br />
den kürzlich näher bekannt gewordenen Maplis-i maktub-i Sˇahrastani mun^aqid<br />
dar Äwarazm 46 möchte ich in die Zeit vor 510 versetzen; Åahrastan\ hat dort einem<br />
zwölferˇs\^itischen Publikum auf Persisch ein isma^\litisches Kernproblem erklärt,<br />
nämlich das Verhältnis zwischen der Erschaffung der Welt (äalq) und dem<br />
göttlichen Befehl dazu (amr), d.h. dem Schöpfungswort „Werde“ bzw. „Sei“<br />
(kun). 47 Toby Mayer hat vermutet, daß Åahrastan\ schon durch einen seiner Naisaburer<br />
Lehrer, nämlich den Aˇs^ariten (!) Salman al-Ansar\, in die „Geheimnisse“<br />
isma^\litischer Exegese eingeführt wurde; er stützt sich dazu auf einen Passus in<br />
Åahrastan\s spätem Korankommentar Mafatih al-asrar. 48 Das isma^\litische ta#wil<br />
hatte in Ostiran damals noch den Charme des Ungewöhnlichen; es war anscheinend<br />
nicht tabu, und man fühlte sich damit vermutlich recht elitär. In Bagdad dagegen<br />
ging immer noch die Terroristenangst um, derentwegen schon Gazzal\ im<br />
Jahr 488 die Stadt verlassen hatte. Åahrastan\s Exzentrizität scheint dazu geführt<br />
zu haben, dass man an der Ni|am\ya seinen „Kontrakt“ nicht erneuerte. Er verließ<br />
nach drei Jahren die Hauptstadt wieder und kehrte nach Iran zurück, diesmal<br />
aber nicht nach 2warazm, sondern nach Marw, wo er an Sanpars Hof schnell reüssierte.<br />
2warazm\, der ihn an der Ni|am\ya näher beobachtet hatte, meinte: „Er<br />
setzte sich zu sehr für die Lehren der Philosophen ein. Ich habe mehrere seiner erbaulichen<br />
Kollegs besucht; aber Redewendungen wie ‚Gott sagt (im Koran)‘ oder<br />
‚Der Gesandte Gottes sagt (im hadi©)‘ kamen da nicht vor. Auch auf juristische Fra-<br />
44 Ibid., Anm. 58. Ibn 2aldun hebt an der einzigen Stelle seiner Muqaddima, wo er die Milal<br />
erwähnt, diesen Punkt besonders hervor (übs. Cheddadi, Paris 2002, S. 488).<br />
45 Dazu näher ibid. 861f.; vgl. dazu auch ibid. 874f.<br />
46 aˇs-Åahrastan\, Maplis-i maktub-i Sˇahrastani mun^aqid dar Äwarazm, ed. Sayyid Mu1. Reza<br />
Palal\ Na#\n\ in: Sˇarh-i hal ve a©ar-i Huppat al-haqq Sˇahrastani (Tehran 1343 sh./1964), Appendix,<br />
und erneut in: Do maktub (Tehran 1369 sh./1990); die zweite Edition Na#\n\s dann übernommen<br />
und ins Französische übersetzt bei Diana Steigerwald, Majlis. Discours sur l’Ordre et la<br />
création (Kanada, Les Presses de l’Université Laval 19<strong>98</strong>).<br />
47 Zugrunde liegt Sure 7/54. Ich weiche mit dieser Frühdatierung von dem ab, was ich in Der<br />
Eine und das Andere 862f. gesagt habe.<br />
48 aˇs-Åahrastan\, Mafatih al-asrar, ed. Mu1. ^Al\ Aüarˇsab (Teheran 1997ff.), Bd. I 105, pu. ff.;<br />
übs. bei T. Mayer, Keys to the Arcana (Oxford UP 2009), S. 65. Dazu Mayers Einleitung, S. 6 und<br />
46; die These ist nicht ganz unumstritten. Mayer behält das konventionelle Geburtsdatum mit<br />
einigem Zögern bei (S. 3f.: „wahrscheinlich 479“).