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228 Reviews<br />
schen Debatten sowie mit neuen Formen des politischen und religiösen Aktivismus<br />
im gegenwärtigen schiitischen Islam. Die französische Ausgabe beinhaltet<br />
einen vierten Teil (‚L’Iran des débats’), der sich ausgewählten iranischen Intellektuellen<br />
der Gegenwart widmet.<br />
Die Beiträge beschäftigen sich vor allem mit der Frage nach der politischreligiösen<br />
Entwicklung schiitischer Gemeinschaften sowie in diesem Kontext<br />
mit der Transformation des transnationalen Moments der 12er-Schia, das sich<br />
durch jahrehundertelange Wanderbewegungen und Migration innerhalb der<br />
Regionen mit schiitischer Bevölkerung manifestierte. Zentrale Bestandteile und<br />
Grund dieses Transregionalismus sind die hierarchische Strukturierung der<br />
^ulama# sowie das damit verbundene Konzept der marpa^iya und die traditionell<br />
theologische Ausbildungsstruktur der hauza als Stätte schiitischer Gelehrsamkeit.<br />
Diese Strukturmerkmale verkörpern und ermöglichen eine Art dezentralen<br />
Transnationalismus, der ein hohes Maß an religiöser, kultureller und zunehmend<br />
auch politischer Integration mit einer relativ flexiblen und vielschichtigen Struktur<br />
verbindet. Diese Kombination führte auch zur Entstehung und Entwicklung<br />
der politischen Schia, deren Debatten und theoretische Ausarbeitungen wiederum<br />
im Staatsgebilde der Islamischen Republik mündeten. Der Sammelband<br />
stellt die Frage nach der Weiterentwicklung und dem Weiterbestehen des schiitischen<br />
Transregionalismus innerhalb dieser zunehmend politisierten, modernisierten<br />
und – durch das Bestehen der Islamischen Republik – zentralisierten Paradigmen.<br />
Anhand verschiedener Fallbeispiele zeigt der erste Teil die Versuche und Probleme<br />
des Exports der Islamischen Revolution nach 1979 bis heute auf. Während<br />
der Versuch der Islamischen Republik, das von ihr postulierte politische Modell<br />
der velayat-e faqih außerhalb des Irans durchzusetzen, in einem anfänglichen<br />
Schwung auf recht fruchtbaren Boden fiel, mündeten diese Versuche aber vor<br />
allem ab Ende der 80er Jahre in verstärkten Tendenzen der Autonomisierung der<br />
schiitischen Bewegungen außerhalb des Irans. Gleichzeitig wird aber auch deutlich,<br />
dass die Aushandlungsprozesse um die Frage der Identifikation mit und<br />
gleichzeitige Distanzierung vom Iran sowie um politische und religiöse Positionen<br />
weiter bestehen und bis heute ständig im Wandel begriffen sind.<br />
In einer allgemeinen Bestandsaufnahme postuliert Olivier Roy in seinem Aufsatz<br />
(S. 29–44) das Scheitern des Exports der Revolution. Dieses Scheitern zeigt<br />
sich vor allem darin, dass die Revolution kein pan<strong>islam</strong>isches Moment hervorrufen<br />
konnte, sondern sich die Kluft zwischen Sunniten und Schiiten in den letzten<br />
dreißig Jahren vergrößert hat. Zudem hat es die revolutionär-politische Ideologie<br />
auch nicht geschafft, innerhalb der 12er-Schia eine dominante Stellung einzunehmen.<br />
Sie kann zwar als Ausdruck einer umfassenden Politisierung der Schia im<br />
Laufe des 20. Jahrhundert betrachtet werden, schaffte es aber nicht, sich als ein-