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Reviews 197<br />
Åa1rurs keine anderen Denker in ihren Schriften explizit nennt – dies gilt auch<br />
für ^Abduh oder Afgan\ –, kann ein konkreter Einfluss nur vermutet werden. Zwischen<br />
0anaf\ und der ACSS scheint es insofern eine direkte Verbindung zu geben,<br />
als 0anaf\ laut Vf. den Sitz der ACSS in Manama besucht habe und eine gewisse<br />
Nähe seines Erneuerungsentwurfs zu jenem der Gesellschaft auszumachen sei.<br />
Darüber hinaus führt AlDailami in diesem Kapitel erstmals die zentralen Begrifflichkeiten<br />
der arabisch-<strong>islam</strong>ischen Erneuerungsdiskurse ein: neben tapdid<br />
nimmt er Bezug auf die Begriffe tura© (Erbe), bid^a (unerlaubte Neuerung), ^asil<br />
(authentisch) oder mu^asir (zeitgenössisch). Während er sich mit tura© eingehender<br />
beschäftigt, kommen die anderen Termini und ihre Kontextualisierung im Erneuerungsdiskurs<br />
leider zu kurz. Das ist v.a. deshalb bedauerlich, weil sie die<br />
ideellen Eckpfeiler der verschiedenen zeitgenössischen Erneuerungsdiskurse bilden.<br />
Der Vf. nimmt am Ende dieses Kapitels sein Fazit vorweg, wenn er aus seiner<br />
Einschätzung der Erfolgschancen zeitgenössischer Erneuerungsbewegungen folgert,<br />
dass diese aufgrund des Misstrauens, das ihnen vonseiten der traditionellen<br />
Gelehrtenschaft entgegengebracht werde, eher gering seien. Er bezieht sich hier<br />
auf die Kritik der Gelehrten der Azhar an Mu1ammad A1mad 2alafallah, einem<br />
Schüler Am\n al-2ul\s, der mit seiner Dissertation an der Fu#ad I.-Universität<br />
(heutige Kairo-Universität) im Jahre 1947 einen Sturm der Entrüstung unter besagten<br />
Gelehrten auslöste, was zur Ablehnung seiner Arbeit führte. Leider geht<br />
der Vf. nur sporadisch auf die heutige Kritik von Gelehrten am Erneuerungsdiskurs<br />
ein. Denn während sich seit einiger Zeit auch Azhariten positiv auf Erneuerung<br />
beziehen, 1 scheint die ACSS vonseiten der bahrainischen Gelehrten anhaltender<br />
massiver Kritik ausgesetzt zu sein.<br />
Im sechsten Kapitel fasst AlDailami seine Ergebnisse zusammen und<br />
schließt mit Blick auf die Prämisse der ACSS, dass es nicht mehr grundsätzlich darum<br />
gehe, die Moderne mit dem Islam zu versöhnen, sondern vielmehr um die<br />
Frage, welche Gestalt die Religion in der gegenwärtigen <strong>islam</strong>ischen Welt annehmen<br />
solle: „Muslime könnten jene allseits gespürte geistig-kulturelle Stagnation<br />
nur über ein grundlegendes Reform- und Erneuerungsprogramm überwinden,<br />
dessen primäre Aufgabe es sein müsse, die Religion in ihren Fundamenten zu ergründen<br />
und neu aufzustellen“ (S. 395).<br />
Der Vf. hat keine <strong>islam</strong>wissenschaftliche Ausbildung durchlaufen, verfügt<br />
aber über fundiertes Wissen in <strong>islam</strong>ischer Theologie und kennt offenkundig<br />
den Forschungsstand zur <strong>islam</strong>ischen Rechtsentwicklung. Seine Arbeit hätte<br />
allerdings an Tiefgang gewonnen, hätte er den Forschungsstand zum Thema<br />
1 Siehe hierzu Corrado, Monica: Mit Tradition in die Zukunft. Der tapdid-Diskurs in der Azhar<br />
und ihrem Umfeld. Würzburg (Ergon Verlag), 2011.