20.01.2013 Views

0021-1818_islam_98-1-2-i-259

0021-1818_islam_98-1-2-i-259

0021-1818_islam_98-1-2-i-259

SHOW MORE
SHOW LESS

Create successful ePaper yourself

Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.

258 Reviews<br />

im Gegensatz zum Christentum die philosophische Beweisführung in der <strong>islam</strong>ischen<br />

Theologie (S. 88). Damit hat er sicher Recht. Jedoch ist zu fragen, ob ein solcher<br />

linearer Vergleich angesichts der besonderen Rolle der ˇsari^a – wie das auch<br />

auf S. 94 zum Ausdruck kommt – zielführend sein kann. Dass der Westen und die<br />

westliche Orientalistik die ^ulama# und ihre Institutionen oft „stiefmütterlich“ behandeln<br />

(S. 109), lässt sich anhand der diesbezüglichen Veröffentlichungen bestätigen.<br />

Ob diese ^ulama# aber tatsächlich „die öffentliche Debatte prägen und<br />

die <strong>islam</strong>ische Normativität definieren“ (S. 109), ist wohl von Land zu Land unterschiedlich<br />

zu bewerten. Der Fokus auf Ägypten und die Azhar verzerrt möglicherweise<br />

das Bild.<br />

Das Kapitel „Die politische Moderne im <strong>islam</strong>isch-theologischen Diskurs“<br />

(S. 113–136) untersucht auf den Seiten 114 bis 118 die Säkularisierungsdebatte.<br />

Es folgt die Auseinandersetzung mit dem Konstitutionalismus (S. 118ff.). „Die<br />

faktische Trennung von Religion und Polit[i]k war jedoch das Resultat äußerer<br />

Umstände und keineswegs Ausdruck theoretischer Überlegungen.“ (S. 119)<br />

Dies gilt wohl auch für das christliche Europa, ohne die doktrinären und machtpolitischen<br />

Unterschiede zu verkennen. Der naturrechtlichen Begründung der<br />

Rechtssubjektivität des Menschen und der daraus ableitbaren Folgen für den säkularen<br />

Rechtsstaat setzt der Autor die <strong>islam</strong>ische Konzeption der fitra entgegen,<br />

„eine universelle, ursprüngliche Natur […] [, die] <strong>islam</strong>isch ist“ (S. 128). Dieser<br />

prinzipielle Unterschied ist für ihn der Ausgangspunkt für die theologische Fundamentierung<br />

religiöser und geschlechterspezifischer Unterschiede im Islam<br />

(S. 129; vgl. auch S. 175). L. W. kann diese Einschränkungen in der rechtlichen<br />

und gesellschaftlichen Praxis der <strong>islam</strong>ischen Welt an vielen Beispielen unter<br />

Beweis stellen. Eine Neuinterpretation der fitra (vgl. Koran 30:30) im Sinne eines<br />

daraus ableitbaren Gleichheitsgrundsatzes zwischen den Menschen scheint der<br />

Verf. nicht in Erwägung zu ziehen, Beispiele für Neuansätze würdigt er kaum<br />

(vgl. S. 132).<br />

Im sechsten Kapitel seines Buches (S. 137–177) analysiert L. W. die Auffassungen<br />

von vier prominenten Gelehrten des 20. Jh. zum Verhältnis von Islam und<br />

Säkularisierung bzw. Konstitutionalismus. Er beginnt mit M. Åaltut (gest. 1963),<br />

dem Åai3 al-Azhar in der Nasser-Zeit (S. 139–149). Die Reihe setzt sich fort mit M.<br />

al-B. al-Ibrah\m\ (gest. 1965, S. 144–149; „algerischer Salafist“ – S. 148), mit M. A.<br />

2alaf Allah (gest. 19<strong>98</strong>, S. 150–160), einem Anhänger der Lehre von ^A. ^A. ar-Raziq,<br />

und mit dem Azhar-Åai3 M. S. Tantaw\ (gest. 2010, S. 160–164). Abgesehen<br />

davon, dass subjektive Vermutungen und Einschätzungen des Autors über diese<br />

Gelehrten an einigen Stellen (S. 141, S. 149, S. 154, S. 162) eher deplatziert wirken,<br />

gelangt er zur streitbaren Schlussfolgerung, dass „das Andere und Fremde […] in<br />

den Augen dieser ^ulama# keinen Eigenwert [habe]“ (S. 166). Zudem würden sich<br />

die Gelehrten wenig an der Realität orientieren (S. 168).

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!