collega - Károli Gáspár Református Egyetem
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Bohátka Zsófia Ráhel<br />
Die Reform des Scheidungsverfahrens<br />
in Deutschland<br />
Einführung<br />
Anfang letztes Jahr hat der deutsche<br />
Gesetzgeber einen Entwurf u. A. für<br />
die Reformierung der Verfahren in<br />
Familiensachen erlassen. Er hat bald<br />
starkes Echo gefunden unter der<br />
Praxis. Eine der umstrittensten<br />
Regelungen stellt das geplante neue<br />
vereinfachte Scheidungsverfahren<br />
dar. Es handelt sich um eine „sparsame”<br />
und ausgesprochen moderne<br />
Regelung, die natürlich eine vielzahl<br />
von Gegner hat. Die größeste<br />
Gruppe des Widerstandes bilden die<br />
deutschen Anwälte, die bisher eine<br />
sichere Stellung im Scheidungsverfahren<br />
hatten, die jetzt mit der<br />
Änderung bedroht ist. Die Aufträge<br />
bei den Scheidungsverfahren waren<br />
nämlich durch den Anwaltszwang<br />
gesichert, der in den Familienverfahren,<br />
und mindestens auf der<br />
einen Seite auch im Scheidungsverfahren<br />
herrscht. Die Neuerung<br />
stößt u.A. deswegen in starke Kritik,<br />
und die Anwälte versuchen zu verhindern,<br />
dass „Scheidung light” 1 geltendes<br />
Recht wird.<br />
In diesem Beitrag versuche ich<br />
zunächst eine Übersicht des heutigen<br />
Verfahrens aufzuzeigen, damit<br />
die Neuerungen der Reform deutlicher<br />
werden. Dann stelle ich das<br />
Wesentliche der Scheidungsverfahrensreform<br />
und deren weitreichenden<br />
Kritik dar. Schliesslich<br />
äußere ich meine eigene Ansicht<br />
über die geplante Regelung.<br />
I. Die geltende Regelung des<br />
deutschen Scheidungsverfahrens<br />
in Übersicht<br />
Das deutsche Scheidungsverfahren<br />
ist derzeit in dem Bürgerlichen<br />
Gesetzbuch (im Weiteren: BGB),<br />
meistens in der Zivilprozessordnung<br />
(im Weiteren: ZPO) geregelt, und<br />
einige Vorschriften findet man auch<br />
in dem Freiwilligengerichtsbarkeitsgesetz<br />
un in der Hausratsverordnung<br />
auch.<br />
Die materiellen Rechtsgrundlagen<br />
für die Scheidung sind in dem BGB,<br />
kurz geregelt [§§ 1564-1568 BGB]. 2 Es<br />
stellt nur die Grundlagen, also die<br />
Möglichkeit für die Scheidung der<br />
Ehe dar. Hier wird nur klargestellt,<br />
dass die Ehe (zwischen Lebenden) in<br />
Deutschland nur auf Antrag durch<br />
gerichtliches Urteil aufgelöst werden<br />
kann [§ 1564 BGB], und dass die<br />
Ursache für die Scheidung in<br />
Deutschland, gleich wie in Ungarn,<br />
das Scheitern der Ehe sein kann. Die<br />
Ehe ist gescheitert, wenn die Lebengemeinschaft<br />
der Ehegatten nicht<br />
mehr besteht und nicht erwartet<br />
werden kann, dass die Ehegatten sie<br />
wiederherstellen [§ 1565 BGB], oder<br />
wenn die Ehegatten seit einem Jahr<br />
getrenntleben und beide die Scheidung<br />
beantragen oder der Antragsgegner<br />
der Scheidung zustimmt<br />
[§ 1566 (1) BGB], oder wenn die<br />
Ehegatten seit drei Jahren getrennt<br />
leben [§ 1566 (2) BGB].<br />
Der größeste Teil der Scheidungsverfahrensregelungen<br />
ist in der ZPO<br />
enthalten. Die gemeinsamen Verfahrensvorschriften<br />
der Familiensachen<br />
sowie die Regelungen des<br />
Gesetztes über die Angelegenheiten<br />
der freiwilligen Gerichtsbarkeit und<br />
die Verordnung über die Behandlung<br />
der Ehewohnung und des Hausrats<br />
sind auch für das Scheidungsverfahren<br />
anzuwenden. Die gemeinsamen<br />
Familienverfahrensvorschriften<br />
stellen ein über die mit einander<br />
zusammenhängenden Familiensachen<br />
rücksichtnehmenden System dar, in<br />
das das Scheidungsverfahren auch<br />
eingeordnet ist. Die karakteristischen<br />
familienbezüglichen Verfahrensvorschriften<br />
wie die ausschliessliche<br />
internationale Zuständigkeit der<br />
deutschen Gerichte, die ausschliessliche<br />
Zuständigkeit der Familiengerichte,<br />
die Zuständigkeit der<br />
gemeinsamen Aufenthalt der<br />
Ehegatten, die Wichtigkeit des persönlichen<br />
Erscheinen und der<br />
Parteivernehmung, der Untersuchungsgrundsatz,<br />
also die Einschränkung<br />
der Parteiherrschaft, die<br />
Möglichkeit der einstweiligen<br />
Anordnungen sind auch auf das<br />
Scheidungsverfahren anzuwenden.<br />
Als Folgesachen können im Scheidungsverfahren<br />
die durch die Ehe<br />
begründete gesetzliche Unterhaltspflicht,<br />
der Versorgungsausgleich,<br />
die Behandlung der Ehewohnung<br />
und des Hausrats nach der geltenden<br />
Verordnung, die Ansprüche aus dem<br />
ehelichen Güterrecht, der Antrag auf<br />
Stundung einer Ausgleichsforderung,<br />
der Antrag auf Übertragung<br />
von Vermögensgegenständen wegen<br />
einer Ausgleichsforderung [§ 621 (1)<br />
Nr. 5–9 ZPO], die elterliche Sorge für<br />
ein gemeinschaftliches Kind, die<br />
Regelung des Umgangs mit einem<br />
gemeinschaftlichen Kind oder die<br />
Herausgabe eines gemeinschaftlichen<br />
Kindes für den, dem die elterliche<br />
Sorge zusteht [§ 623 (2)] geltend<br />
gemacht werden.<br />
Die Vertretung durch einen Rechtsanwalt<br />
hat hervorragende Wichtigkeit<br />
in den Verfahren in Familiensachen.<br />
So, wenn in dem Scheidungsverfahren<br />
der Antragsgegner 3<br />
keinen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten<br />
bestellt, so ordnet das<br />
Prozessgericht ihm von Amts wegen<br />
im ersten Rechtszug hinsichtlich des<br />
Scheidungsantrags oder des Antrags<br />
zur Übertragung der elterlichen<br />
Sorge beim Getrenntleben an einem<br />
Elternteil, kann das Gericht nach<br />
seiner freien Überzeugung zum<br />
Schutz des Antragsgegners einen<br />
Rechtsanwalt beiordnen, und die<br />
ZPO fordert anwaltliche Vertretung<br />
1 Ausdruck von: Winfired Born: „Scheidung light” ohne Anwälte – Sparversuche an der falschen Stelle! In: Neue Juristische Wochenschrift<br />
Editorialheft 26/2006 (auch auf: http://rsw.beck.de/rsw/shop/default.)<br />
2 im 4. Buch: Familienrecht unter dem 7. Titel<br />
3 Es ist interressant, dass im Rahmen des Scheidungsverfahrens nach der ZPO anstatt die Ausdrücke: Kläger und Beklagte die Antragsteller und<br />
Antragsgegner anzuwenden (wie z.B bei dem Mahnverfahren) sind.<br />
2007. évi 2–3. szám<br />
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