20.06.2013 Aufrufe

Zwischen Mnemotechnik und Sammlungstheorie - Seminar für ...

Zwischen Mnemotechnik und Sammlungstheorie - Seminar für ...

Zwischen Mnemotechnik und Sammlungstheorie - Seminar für ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Beziehung zueinander stehen. Auch vertritt Lull die Vorstellung, dass Gott die<br />

Welt in Einklang mit diesen Gr<strong>und</strong>würden geschaffen hat. Diese existieren als<br />

Abglanz der Herrlichkeit Gottes <strong>und</strong> kommen im mittelalterlichen Denken in der<br />

Religion von Juden, Muslimen <strong>und</strong> Christen gleichermaßen vor. 400 Damit hatte er<br />

einen Ausgangspunkt geschaffen der ein gemeinsamer Nenner <strong>für</strong> alle genannten<br />

Religionen war. Die Gr<strong>und</strong>würden wurden von ihm mit Buchstaben (Alphabet)<br />

versehen <strong>und</strong> mit weiteren Begriffsreihen in Form von beweglichen Kreisen bzw.<br />

Diagrammen in Beziehung gesetzt, so dass jeder Punkt mit jedem eine<br />

Verbindung eingehen konnte. Sein Ziel war es, mit diesem System eine<br />

allgemeine Gültigkeit seiner Kunst zu erreichen <strong>und</strong> Wahrheit zu erlangen. 401<br />

Mittels dieser Erkenntnis oder Wahrheit sollten Juden <strong>und</strong> Muslime aus Einsicht<br />

zum christlichen Glauben konvertieren.<br />

Frances Yates bezeichnet die Kunst Lulls als eine Gedächtniskunst 402 <strong>und</strong> stellt<br />

Camillo in die Tradition Lulls. Doch gibt es zur klassischen rhetorischen<br />

Gedächtniskunst gravierende Unterschiede. Lull verwendet sein System in keinem<br />

rhetorischen Zusammenhang. Es handelt sich eher um eine Methode der<br />

Kombination von Begriffen zum Finden von Aussagen, welche wiederum der<br />

Interpretation bedürfen. Auch sind bei ihm, im Gegensatz zum klassischen System<br />

der Bilder oder Figuren, die fest mit ihren Orten verhaftet sind, keine Bilder oder<br />

festen Orte enthalten.<br />

Trotz dieser Diskrepanz zwischen der Kunst Lulls <strong>und</strong> der klassischen<br />

Gedächtniskunst gibt es Gemeinsamkeiten zwischen den Systemen von Lull <strong>und</strong><br />

Giulio Camillo. Zum einen die Öffnung des Geistes zur Aufnahme möglichst<br />

vieler Bedeutungen, 403 zum anderen die permutationsähnlichen Verknüpfungen<br />

der jeweils verwendeten Begriffe bzw. Symbole. Beide Methoden werden bei der<br />

Untersuchung zu Camillo noch näher betrachtet.<br />

400 Vgl. Fidora: Raim<strong>und</strong>us Lullus, Ars brevis, S. XXf.<br />

401 „Alphabetum ponimus in hac Arte, ut per ipsum possimus facere figuras et miscere principia et<br />

regulas ad investigandum veritatem. Nam per unam litteram, habentem multa significata, est<br />

intellectus magis generalis ad recipiendum multa significata et etiam ad faciendum scientiam.“<br />

Lullus: Ars brevis, De prima parte, Quae est de alphabeto huius Artis.<br />

402 Vgl. Yates: The art of Memory, S. 174.<br />

403 „Alphabetum ponimus in hac Arte, ut per ipsum possimus facere figuras et miscere principia et<br />

regulas ad investigandum veritatem. Nam per unam litteram, habentem multa significata, est<br />

intellectus magis generalis ad recipiendum multa significata et etiam ad faciendum scientiam.“<br />

Lullus: Ars brevis, De prima parte, Quae est de alphabeto huius Artis.<br />

104

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!