Zwischen Mnemotechnik und Sammlungstheorie - Seminar für ...
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Theater <strong>und</strong> das Gedächtnis als Theater. Bevor wir zur näheren Erläuterung der<br />
Sammlung <strong>und</strong> des Gedächtnisses als Theater kommen zunächst einige Beispiele,<br />
die zeigen, dass der Theaterbegriff über die von Friedrich betrachteten Buchtitel<br />
weit hinaus geht.<br />
Ob eine Sammlung von Karten: Theatrum orbis terrarum (Abraham Ortelius,<br />
1570), ein Nachschlagewerk: Magnum theatrum vitae humanae (Laurentius<br />
Beyerlink, 1631), Bücher über Maschinen: Theatrum instrumentorum et<br />
machinarum (Jaques Bessons, 1578) oder eben eine mnemotechnische Schrift:<br />
L`idea del theatro (Giulio Camillo, 1550) oder eine sammlungstheoretische<br />
Schrift: Inscriptiones vel Tituli Theatri Amplissimi (Samuel Quiccheberg, 1565).<br />
Viele dieser Schriften tragen den metaphorischen Begriff Theater im Titel.<br />
Quiccheberg selbst erwähnt Autoren, welche den Begriff des Theaters im Titel<br />
metaphorisch benutzten: Theatrum universitatis rerum (Christopherus Mylaeus,<br />
1557) 345 , Theatrum vitae humanae (Theodor Zwinger, 1565) 346 oder Le Theatre<br />
des Bons Engins (Guillaume de la Perrière, 1539) 347 . Quiccheberg schreibt hierzu:<br />
„alii vero hoc nomine usi sunt metaphoricè (außer Camillo) ...quando sic<br />
conditiones vitae humanae et scribendae historiae doctrinam, et caeteras res<br />
tractandi ac memorandi, non autem spectandi aedificii, et rei, quae in eo agatur,<br />
aut proponatur amplitudinem, libros quosdam pulchrè tamen, inscripserunt.“ 348<br />
Gärten <strong>und</strong> Wasserspiele theatro dell`aqua, Treppenanlagen (Trinità dei Monti,<br />
Rom) theatro delle scale, Festsäle theatro scientifico (Mantua) 349 oder<br />
Anatomiegebäude an Universitäten theatro anatomico (Bologna, Padua) wurden<br />
Weber (Hg.), Wissenssicherung, Wissensordnung <strong>und</strong> Wissensverarbeitung. Das europäische<br />
Modell der Enzyklopädien (=Colloquia Augustana, Bd. 18). Berlin 2004, S. 211ff.<br />
344<br />
Natur als Theater: 1. Natur als Schauspiel Gottes <strong>und</strong> 2. als Bezeichnung<br />
naturwissenschaftlicher Werke.<br />
Vgl. Friedrich: Das Buch als Theater, S. 222ff.<br />
Als Beispiel ist hier Jean Bodins Universae naturae theatrum (Frankfurt 1597) zu nennen. Ann<br />
Blair hat diesen Text untersucht.<br />
Blair, Ann: The Theater of Nature. Jean Bodin and Renaissance Science. Princeton, New Jersey<br />
1997.<br />
345<br />
Quiccheberg: Inscriptiones, 2000, S. 107.<br />
346<br />
Quiccheberg: Inscriptiones, 2000, S. 109.<br />
347<br />
Quiccheberg: Inscriptiones, 2000, S. 109.<br />
348<br />
Quiccheberg: Inscriptiones, 2000, S. 106f.<br />
349<br />
Dieser Saal dient Festsaal <strong>und</strong> repräsentativer Versammlungsraum. Dort werden private<br />
Sitzungen aber auch Konzerte, Lesungen, Vorträge <strong>und</strong> Promotionsfeierlichkeiten gehalten. Bis<br />
1775 diente dieser Raum darüber hinaus dem naturwissenschaftlichen Schauunterricht,<br />
öffentlichen Sektionen <strong>und</strong> der Durchführung physikalischer Versuche.<br />
Vgl. Quecke, Ursula: Quod erat demonstrandum. Schauplätze der Wissenschaft des 16.-18.<br />
Jahrh<strong>und</strong>erts. In: Ulf Küster (Hg.): Theatrum m<strong>und</strong>i. Die Welt als Bühne. München 2003, S. 20.<br />
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