Zwischen Mnemotechnik und Sammlungstheorie - Seminar für ...
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Die Schauspiel- <strong>und</strong> Theatermetaphorik hat eine lange Tradition. Der Begriff des<br />
Theaters gewann zur Zeit Camillos <strong>und</strong> bis ins 17./18. Jahrh<strong>und</strong>ert hinein in neuer<br />
Form Popularität.<br />
Die Verwendung von Schauspielmetaphern in der Literatur lässt sich bis in die<br />
Antike zurückverfolgen. Ob sich der Mensch als Marionette göttlichen<br />
Ursprungs 333 sieht, oder die Tragödien <strong>und</strong> Komödien des Lebens 334 zu spielen<br />
hat, all diesen Darstellungen liegt die Vorstellung der Welt als Theater zugr<strong>und</strong>e.<br />
Auf dieser Bühne hat der Mensch seine von Gott bestimmte, oft von Tyche bzw.<br />
Fortuna beinflusste Rolle zu spielen. Zu finden ist diese Metapher bei den<br />
Vorsokratikern, Stoikern <strong>und</strong> ebenso in der Satire der Antike. 335<br />
Ob bei Plotin, 336 Clemens von Alexandrien 337 oder Augustinus 338 , die im<br />
Mittelalter populär werdende Metapher des Welttheaters bzw. theatrum m<strong>und</strong>i ist<br />
333 „Per˜ d# toútwn dianohjðvmen /outwsí. jðaûma mån äékaston ähmvn ähghsõmejða<br />
tvn zŒwn jðeîon, eÍte äwV pagnion Êkeínwn eÍte äwV spoud‰ tini synesthkóV: oü<br />
gàr d# toûtó<br />
ge gignõskomen, tóde då Ísmen, äóti taûta tà pájðh Ên ähmîn /oëon neûra Ë<br />
sm®rinjðoí tineV Ênoûsai spvsín te ähmâV ka˜ Âll®laiV Ânjðælkousin Ênantai<br />
oÜsai Êp) ÊnantaV práxeiV, /o@ d# diwrismænh Âret# ka˜ kakía keîtai. mi† gár<br />
fðhsin äo lógoV deîn tvn äélxewn synepómenon Âe˜ ka˜ mhdam‰ Âpoleipómenon<br />
ÊkeínhV, Ânjðælkein toîV ÁlloiV neúroiV äékaston,...“<br />
„So wollen wir uns denn die Sache folgendermaßen vorstellen. Wir wollen jedes von uns<br />
lebendigen Wesen als eine sogenannte Marionette ansehen, welche die Götter, sei es bloß zu ihrem<br />
Spielzeug, sei es zu einem ernsteren Zwecke, gebildet haben, denn das wissen wir so recht<br />
eigentlich nicht.<br />
Das aber wissen wir, daß die ebengenannten Regungen in uns gleichsam wie innere Drähte oder<br />
Schnüre uns leiten <strong>und</strong>, wie sie selbst einander entgegengesetzt sind, auch einander<br />
entgegenwirkend uns zu entgegengesetzten Handlungen hinziehen, <strong>und</strong> daß eben hierin der<br />
Unterschied von Tugend <strong>und</strong> Laster beschlossen liegt. Einem dieser Züge nun, sagt die Vernunft,<br />
müsse ein jeder folgen, sich nie von ihm losmachen <strong>und</strong> dagegen dem aller anderen Drähte<br />
widerstreben...“<br />
Platon: Nomoi, Buch I, 644.<br />
“Mhnýei d# nÿn äo lógoV ähmîn Ên jðr®noiV te ka˜ Ên tragœdaiV ,<br />
m# toîV drámasi mónon Âllà ka˜ t‰ toû bou sympásÑ tragœdã ka˜ kwmœdã,<br />
lýpaV ähdonaîV äáma keránnysjðai, ka˜ Ên ÁlloiV d# myríoiV.”<br />
„Und so deutet uns die Rede an, daß auch in Klaggedichten <strong>und</strong> Trauerspielen, nicht denen auf<br />
der Bühne nur, sondern auch in dem gesamten Trauerspiel <strong>und</strong> Lustspiel des Lebens, Unlust mit<br />
Lust zugleich gemischt sei, <strong>und</strong> so in tausend andern Dingen.“<br />
Platon: Philebos, 50.<br />
335 Vgl. Christian, Lynda Gregorian: Theatrum m<strong>und</strong>i. The History of an Idea (= Harvard<br />
Dissertations in Comparative Literature, James J. Wilhelm, Richard Sáez (Hg.)). New York,<br />
London 1987, S. 11ff.<br />
Vgl. Diels, Hermann: Die Fragmente der Vorsokratiker, Bd. 1-3. Berlin 1912.<br />
336 “ ...oÏon eî Êp˜ skhn²V tvn úpokritvn (o pefoneymænoV Âlla xámenoV tò sc²ma<br />
ÂnalabØn pálin eÎsíoi Álloy próswpon. Âll' oü téjnhken ÂlhjvV oÿtoV. eì oÜn<br />
kaì tò ÂpojaneÏn Âllag Êsti sõmatoV, Øsper èj³toV åkei, Ë kaí tisin ÂpòjesiV<br />
sõmatoV osper ekei ÉxodoV Êk t³V skhn³V pantelV tóte, eÎsýsteron palin<br />
ÅxontoV Ênagwnísasjai,...”<br />
“ So wie der Schauspieler, der auf der Bühne ermordet worden ist, etwa das Kostüm wechselt <strong>und</strong><br />
in einer anderen Rolle von neuem auftritt.- Indessen der Schauspieler ist ja nicht wirklich tot! –<br />
Nun, wenn das Sterben nur das Tauschen des Leibes ist, so wie das Wechseln des Kostüms beim<br />
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