Zwischen Mnemotechnik und Sammlungstheorie - Seminar für ...
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wahrnehmbarer Zeichen“ 360 , den Bildern, auf „Nicht-Sichtbare(s)“ 361 geschlossen<br />
werden konnte <strong>und</strong> diese „sinnliche Anschaulichkeit“ 362 , so Friedrich, sei der<br />
Gr<strong>und</strong> warum Camillo seine Struktur ein Theater nannte. Darüber hinaus knüpft<br />
Friedrich die Verbindung zur Rhetorik. Er vergleicht die 49 loci aus Camillos<br />
Theater mit den loci als Oberbegriffen des Exzerpierens, als Gr<strong>und</strong>lage neuer<br />
„Textproduktion 363 “ <strong>und</strong> schlägt damit die Brücke zum Sammeln von<br />
Textmaterial <strong>und</strong> Textexzerpten.<br />
Auch Quiccheberg erlebte die Errichtung dieser neuen Theater nicht mehr. Im<br />
Gegensatz zu Camillo allerdings ähnelt der von Quiccheberg in seinem Traktat<br />
beschriebene Theaterbau den neuen englischen Theatern.<br />
Sein Bau ist oval 364 , hat in der Mitte einen Garten <strong>und</strong> ist mit Arkaden versehen,<br />
um darin zu wandeln. 365 Vergleicht man diese Beschreibung mit der Skizze des<br />
Swan Theatre von De Witt <strong>und</strong> der alten Londoner Karte in denen die damaligen<br />
Theaterbauten eingezeichnet sind, so lassen sich Übereinstimmungen in Form <strong>und</strong><br />
Bau feststellen. (siehe Abb. 5, S. 88)<br />
360 Friedrich: Das Buch als Theater, S. 220.<br />
361 Friedrich: Das Buch als Theater, S. 221.<br />
362 Friedrich: Das Buch als Theater, S. 221.<br />
363 Friedrich: Das Buch als Theater, S. 221.<br />
364 Im Zusammenhang mit dem Bau spricht er von vier riesigen Hallen in den vier<br />
Himmelsrichtungen „ut quatuor maximae aulae, ad quatuor coeli regiones“ 364 . Balsinger<br />
interpretiert diese Aussage folgendermaßen. Die vier Seiten entsprechen den vier<br />
Himmelrichtungen, wie Quiccheberg sagte, diese wiederum entsprechen den Jahreszeiten,<br />
Qualitäten, Elementen, Monaten, Sternbildern <strong>und</strong> Alterstufen des Mannes.<br />
Norden = Frühling = feucht/warm = Luft = 7. Februar-8. Mai = Sternbilder = Kindheit bis 14<br />
Jahre.<br />
Osten = Sommer = trocken/warm = Feuer = 9. Mai –6. August = Stier / Zwilling / Löwe = Jugend<br />
bis 28 Jahre.<br />
Süden = Herbst = trocken/kalt = Erde = 7. August – 6. November = Jungfrau/ ?? = Mannesalter<br />
bis 48.<br />
Westen = Winter = feucht/kalt = Wasser = 7. November – 6. Februar = ??? = Greisenalter.<br />
Balsinger interpretiert die Aussage Quicchebergs, in Verbindung mit den von ihr genannten<br />
Ergänzungen als Darstellung des Micro- <strong>und</strong> Macrokosmos: „...compass, leading through the four<br />
seasons, to the four elements and man – the major components of the microcosm and the<br />
macrocosm“. Die Betrachtung dieser Metapher im Hinblick auf diese zwei Texte wäre als<br />
weiterführende Arbeit interessant.<br />
Vgl. Balsinger, B.J.: The Kunst- <strong>und</strong> W<strong>und</strong>erkammern, S. 550f.<br />
365 Theatri etiam nomen hic assumitur non improprie, sed verè pro structura grandi, vel arcuata,<br />
vel ovali, vel ad formam ambulacri, cuius generis in basilicis, aut coenobiis circuitus ab, ipsis,<br />
incolis vocantur, ad quatuor latera altis contignationibus extructum, in quorum medio hortus aut<br />
cavedia sit relictà (ita enim Bavaricum theatrum artificiosarum rerum spectatur), ut quatuor<br />
maximae aulae, ad quatuor coeli regiones, latissime pateant. <strong>und</strong>e et accomodari aliquo modo<br />
amphiteatri nomen ipsi posset.“<br />
Quiccheberg: Inscriptiones, 2000, S. 106.<br />
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