Zwischen Mnemotechnik und Sammlungstheorie - Seminar für ...
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4. <strong>Mnemotechnik</strong> <strong>und</strong> <strong>Sammlungstheorie</strong> bei Quiccheberg<br />
Bereits Bolzoni hat in ihrem Artikel Das Sammeln <strong>und</strong> die ars memoriae anhand<br />
der in mnemotechnischen <strong>und</strong> sammlungstheoretischen Texten verwendeten<br />
Metaphorik gezeigt, wie sich das Sammeln <strong>und</strong> die ars memoriae im 16. <strong>und</strong> 17.<br />
Jahrh<strong>und</strong>ert sowohl in der Praxis als auch in der Theorie „gegenseitig<br />
beeinflussen, sich ineinander spiegeln <strong>und</strong> miteinander Modelle <strong>und</strong> Anregungen<br />
austauschen“ 290 .<br />
Die in Quicchebergs Systematik verwendete <strong>Mnemotechnik</strong> ist reale Anwendung<br />
mnemotechnischer Regeln. Die Anwendung dieser Regeln erscheint nach der<br />
Untersuchung des Textes <strong>und</strong> der Sichtung der Kriterien <strong>und</strong> Ziele Quicchebergs<br />
nahezu notwendig.<br />
Diese Notwendigkeit erschließt sich, wenn die Sammlungskategorien bzw. die<br />
Kriterien <strong>und</strong> Ziele auf eine andere bekannte Lehre übertragen werden, nämlich<br />
auf die bei Cicero oder auch im Ad Herennium dargelegte Gliederung zum<br />
Erlernen <strong>und</strong> Ausführen der Redekunst. Bei Cicero ist zu lesen:<br />
„cumque esset omnis oratoris vis ac facultas in quinque partis distributa, ut<br />
deberet reperire primum quid diceret, deinde inventa non solum ordine, sed etiam<br />
momento quodam atque iudicio dispensare atque componere; tum ea denique<br />
vestire atque ornare oratione; post memoria saepire; ad extremum agere cum<br />
cum dignitate et venustate.“ 291<br />
Ein Kriterium Quicchebergs ist das Sammeln von Objekten aus der Gesamtheit<br />
der in der Welt vorhandenen naturalia, artificialia, scientifica etc. ergänzt um<br />
Gemälde, Bücher u.ä.. Dieses Sammeln bestimmter, ausgewählter Objekte ist<br />
vergleichbar dem dargestellten Finden <strong>und</strong> Erwerben eines zu erlernenden Stoffes<br />
bzw. zu erlernender Worte, die ein Redner benötigt um in jeder Situation<br />
angemessen reden <strong>und</strong> reagieren zu können. Cicero bezeichnet dies als<br />
inventio. 292<br />
Die inventio umfasst zum einen das Exzerpieren von Informationen,<br />
Redewendungen oder Worten, zum anderen das Sammeln der gewonnenen<br />
290 Bolzoni: Das Sammeln <strong>und</strong> die ars memoriae, S. 132.<br />
291 Cicero: De Oratore, I, 142.<br />
292 “Deinde quinque faciunt quasi membra eloquentiae, invenire quid dicas, inventa disponere,<br />
deinde ornare verbis, post memoriae mandare, tum ad extremum agere ac pronuntiare.”<br />
Cicero: De Oratore, II, 79.<br />
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