Zwischen Mnemotechnik und Sammlungstheorie - Seminar für ...
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Informationen, der Exzerpte, an bestimmten Orten. Diese Orte wurden oft als<br />
thesauro bzw. Schatzkammer bezeichnet. 293<br />
Auch Quiccheberg wählt oder exzerpiert stellvertretend, aus der Gesamtheit der<br />
Objekte <strong>und</strong> den durch diese Objekte vermittelbaren Informationen einige Objekte<br />
<strong>und</strong> sammelt sie an einem bestimmten Ort, der Sammlung. Im Mittelalter wurde<br />
diese ebenso Schatzkammer genannt.<br />
Von diesen allgemeinen Sammlungsorten, den loci communes 294 , sind die Objekte<br />
bzw. Informationen, wie in einem Archiv promptuarium, jederzeit einzusehen<br />
bzw. abrufbar <strong>und</strong> dienen der memoria.<br />
Die gezielte Anordnung ausgewählter Objekte entspricht der Anordnung des<br />
Stoffes in einer Rede, der rhetorischen dispositio. Sie ist bezogen auf die<br />
Zielsetzung <strong>und</strong> Situation des Autors bzw. des Sammlers. Aus ihr geht der<br />
thematische Aufbau der Rede bzw. der Sammlung hervor.<br />
Die Präsentation <strong>und</strong> zur Schau Stellung der Sammlung zur Befriedigung der<br />
Schaulust entspricht der Ausschmückung der vorzutragenden Rede, der ornatio.<br />
Das leichte Aufnehmen der zu vermittelnden Lehre, bei Quiccheberg anhand der<br />
Sammlung <strong>und</strong> deren Inhalten, geschieht mittels der memoria, die durch<br />
mnemotechnische Elemente unterstützt wird. 295<br />
Die von Cicero beschriebene Wiedergabe oder Darbietung des Stoffes, actio <strong>und</strong><br />
pronuntiatio, ist damit als der von Quiccheberg hervorgehobene Austausch unter<br />
Sammlern <strong>und</strong> Forschenden zu interpretieren.<br />
Unterstrichen wird die genannte Interpretation durch folgende Darlegung<br />
Quicchebergs: „Deinde ita haec in medium adducuntur: non quod putem ullius<br />
hominis, quam turnuis (sic!) 296 locupletissimi et diligentissimi aetatem sufficere<br />
ad omnia colligendum, quae sub his classibus subinde latius diduci possint: sed<br />
293<br />
„Quid dicam de thesauro rerum omnium, memoria?“<br />
Cicero: De Oratore, I,18.<br />
“Haec igitur communia, quia perinde ut quicquid dici ulla de re potest, ita argumenta omnia intra<br />
se continent, idcirco locos vocaverunt, quòd in eis velut receptu et thesauro quodam, omnia<br />
faciendae fidei instrumenta sint reposita.”<br />
Agricola, Rudolf: De Inventione dialectica libri tres, I, ii.<br />
294<br />
Agricola bezeichnet die loci communes als Orte die Allgemeinaussagen universaliter<br />
pronunciata beinhalten. Diese würden dann, so Agricola, in Partikularaussagen particularia<br />
umgewandelt werden.<br />
Vgl. Agricola: De Inventione dialectica libri tres, I, ii.<br />
295<br />
Ergänzend zu dieser Thematik siehe:<br />
Knape, Joachim: Die Stellung der memoria in der frühneuzeitlichen Rhetoriktheorie. In: Jörg<br />
Jochen Berns <strong>und</strong> Wolfgang Neuber (Hg.): Ars memorativa. Zur kulturgeschichtlichen Bedeutung<br />
der Gedächtniskunst 1400-1750 (= Frühe Neuzeit, Bd. 15). Tübingen 1993; S. 274-285.<br />
296<br />
Es handelt sich hier um die Transcription der Autorin. Die Bedeutung ist möglicherweise<br />
„quantum vis“.<br />
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