Zwischen Mnemotechnik und Sammlungstheorie - Seminar für ...
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Für die genannten Kästen wird in den meisten Fällen die Farbe des Stoffes<br />
angegeben mit dem sie ausgekleidet sind oder der Farbe des Anstriches. So ist der<br />
erste Kasten <strong>für</strong> die Gold- <strong>und</strong> Kristallstücke „plau angestrichen“, der zweite<br />
„grien“ usw.. 196 Für die Bücher werden knapp der Inhalt, „kirchengesang“ oder<br />
„alte kriegssachen gemalen“ <strong>und</strong> ausführlicher die Ausstattung angegeben. 197<br />
Die Bibliothek Ferdinands wird von Schlosser als „eine der bedeutendsten ihrer<br />
Zeit“ 198 bezeichnet. Sie war geordnet nach Theologie, Juristerei, Medizin,<br />
Historie <strong>und</strong> den Artes. 199 In der Bibliothek war ebenfalls der größte Teil des<br />
Bilderbesitzes untergebracht.<br />
Die noch gut erhaltene Sammlung besticht, so Scheicher, durch eine seltene<br />
„Ausgewogenheit der einzelnen Teile zueinander“ 200 . Jeder Objektgruppe 201 von<br />
gesammelten Gegenständen wurde ein gewisser Umfang zugestanden ohne eine<br />
Gruppe überzubewerten oder eine andere zu vernachlässigen. Scheicher spricht<br />
von einer „Dokumentation des Ganzen“ ohne einer „Magie des Einzelnen“<br />
verfallen zu sein. 202<br />
Wer sich die Sammlung anschauen wollte 203 , wurde auf einem R<strong>und</strong>weg durch<br />
die Räume geführt. Der R<strong>und</strong>weg begann mit der ersten Waffenkammer <strong>und</strong><br />
endete mit der Bibliothek <strong>und</strong> dem Antiquarium. Bevor man die Kunstkammer<br />
betrat, passierte man das sogenannte „Türkenkammerl“, welches ethnographische<br />
Objekte <strong>und</strong> Überbleibsel des Türkenkrieges barg. 204<br />
196 Inventar von 1596. Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten<br />
Kaiserhauses, Bd. VII/2, S. CCLXXIXff.<br />
197 Inventar von 1596. Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten<br />
Kaiserhauses, Bd. VII/2, S. CCLXXXVIII.<br />
198 Schlosser: Kunst- <strong>und</strong> W<strong>und</strong>erkammern der Spätrenaissance, S. 57.<br />
199 Unter den Büchern befanden sich eine große Zahl kostbare in Leder geb<strong>und</strong>ene Handschriften.<br />
Teile der Sammlung stammen sowohl aus der Bibliothek König Wenzels I., als auch aus<br />
Schenkungen des Grafen von Zimmern. Heute sind es die kostbarsten Bücher der Österreichischen<br />
Nationalbibliothek.<br />
Vgl. Schlosser: Kunst- <strong>und</strong> W<strong>und</strong>erkammern der Spätrenaissance, S. 57ff.<br />
200 Scheicher: Die Kunst- <strong>und</strong> W<strong>und</strong>erkammern der Habsburger, S. 84.<br />
201 Unter Objektgruppe wird die Zusammenfasung einer vergleichbaren Menge von Objekten<br />
verstanden. Zum Beispiel Waffen, Gemälde, kunsthandwerkliche Gegenstände vergleichbarer Art.<br />
202 Scheicher: Die Kunst- <strong>und</strong> W<strong>und</strong>erkammern der Habsburger, S. 84.<br />
203 Bereits seit dem frühen 17. Jahrh<strong>und</strong>ert, so Scheicher, wurden offizielle Führungen auf Schloss<br />
Ambras durchgeführt, welche viele Persönlichkeiten, wie Goethe oder Montaigne, anzogen.<br />
Vgl. Scheicher: Die Kunst- <strong>und</strong> W<strong>und</strong>erkammern der Habsburger, S. 73.<br />
204 Vgl. Scheicher: Elisabeth: The Collection of Archduke Ferdinand II at Schloss Ambras. In:<br />
Oliver Impey, Arthur MacGregor (Edt.), The Origins of museums: the cabinet of curiosities in<br />
sixteenth and seventeenth century Europe. Oxford 1985, S. 29.<br />
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