Zwischen Mnemotechnik und Sammlungstheorie - Seminar für ...
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sowohl aus der heidnischen Antike bekannt, als auch in der christlichen Literatur<br />
verwendet worden. 339<br />
Johannes von Salisbury, der 1159 sein Werk Policraticus veröffentlichte, in<br />
welchem er die Metapher des theatrum m<strong>und</strong>i mit Nachdruck verwendete, prägte<br />
intensiv die Darstellungen <strong>und</strong> Vorstellungen der Renaissance. Sein Werk wurde<br />
1476 <strong>und</strong> 1513 neu aufgelegt <strong>und</strong> auch später noch mehrfach gedruckt. 340 Im<br />
achten Kapitel des dritten Buches De m<strong>und</strong>ana comedia, vel tragedia schreibt er<br />
in Zusammenhang mit militärischen Diensten: „At, si nostra tempora propheticus<br />
spiritus concepisset, diceretur egregie quia comedia est uita hominis super<br />
terram, ubi quisque sui oblitus personam exprimit alienam.“ 341 <strong>und</strong> weiter:<br />
„...fere totus m<strong>und</strong>us ex Arbitri nostri sententia mimum uidetur implere, ad<br />
comediam suam quodammodo respiciens et (quod deterius est) eo usque comediae<br />
suae insistunt ut in se cum opus fuerit redire non possint.“ 342 .<br />
Der Begriff Theater wurde im 16. <strong>und</strong> 17. Jahrh<strong>und</strong>ert zu einem weit gefassten<br />
Terminus sowohl in der Literatur als auch zur Bezeichnung von<br />
Schauarchitekturen verschiedenster Art. Theaterarchitektur wurde zur Gestaltung<br />
von Titelblättern verwendet. Oft rahmte ein Proszenium das dargestellte<br />
Geschehen oder den Titel. Häufig war der Begriff theatrum bei der Titulatur von<br />
Werken bzw. Büchern anzutreffen. Friedrich unterscheidet folgende Bereiche des<br />
Gebrauches: Geschichte als Theater 343 , Natur als Theater 344 , die Sammlung als<br />
Schauspieler, der erst ein andermal wieder mitzuspielen hat, der <strong>für</strong> diemal endgültig abtritt von<br />
der Bühne...“<br />
Plotin: Enneade III, 2, 15 .<br />
337 Clemens Alexandrinus: Mahnrede an die Heiden I, 1,3.<br />
Vgl. Curtius, Ernst Robert: Europäische Literatur <strong>und</strong> Lateinisches Mittelalter. Bern, München<br />
1961, S. 148.<br />
338 Aurelius Augustinus: Enarr. ad ps. 127.<br />
Vgl. Curtius: Europäische Literatur <strong>und</strong> Lateinisches Mittelalter, S. 148f.<br />
339 Vgl. Curtius: Europäische Literatur <strong>und</strong> Lateinisches Mittelalter, S. 148f.<br />
340 Vgl. Curtius: Europäische Literatur <strong>und</strong> Lateinisches Mittelalter, S. 149ff.<br />
Christian: Theatrum m<strong>und</strong>i, 1987.<br />
341 Ioannis Saresberiensis episcopi carnotensis policratici sive de nugis curialium et vestigiis<br />
philosophorum libri VIII, Tom. I, Liber III, Cap. 8, 488d. Clemens C.I. Webb (Hg.), London<br />
1909, S. 190.<br />
342 Ioannis Saresberiensis episcopi carnotensis policratici... , Tom. I, Liber III, Cap. 8, 489d, S.<br />
191.<br />
343 Geschichte als Theater wird hier im zweifachen Sinne verstanden: 1. Geschichte als<br />
Theaterspiel <strong>und</strong> der Mensch als Betrachter anderer „spielender“ Menschen, was eine<br />
Weiterführung der theatrum m<strong>und</strong>i Metapher bedeutet <strong>und</strong> 2. im Sinne von „Geschichte auf einen<br />
Blick erfassbar zu machen“, Präsentation von Wissen.<br />
Friedrich, Markus: Das Buch als Theater. Überlegungen zu Signifikanz <strong>und</strong> Dimensionen der<br />
Theatrum- Metapher als frühneuzeitlichem Buchtitel. In: Theo Stammen <strong>und</strong> Wolfgang E.J.<br />
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