Zwischen Mnemotechnik und Sammlungstheorie - Seminar für ...
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3.4 Struktur <strong>und</strong> Methode Quicchebergs<br />
In der Forschung werden Quicchebergs Klassifikationen sehr unterschiedlich<br />
bewertet. Die Sichtweise Volbehrs, der die Klassifikationen des „Theatrum<br />
Quicchebergicum“ bzw. die „Absichten Quicchebergs“ doch „nach <strong>und</strong> nach<br />
erkennt“ <strong>und</strong> deren Zusammenhang als „leichte Gedankenketten von einer<br />
Gruppe zur anderen geschmiedet“ wahrnimmt, sowie „das Gefühl eines gewissen<br />
Zusammenhanges nie verliert“, unterscheidet sich doch immens von der<br />
Sichtweise Berliners. 257 Dieser sieht „überhaupt kein System, das mit innerer<br />
Folgerichtigkeit die Zusammenordnung von Kunstsammlungen“ ermöglicht <strong>und</strong><br />
meint, dass Volbehr „mit Unrecht“ dieser “Reihenfolge der Gruppen einen<br />
tieferen geistesgeschichtlichen Sinn“ unterlegt. 258 <strong>Zwischen</strong> diesen Polen liegen<br />
Deutungsversuche, die eher Darstellungen der Klassifikationen Quicchebergs<br />
sind. Bis jetzt ist wohl vergeblich versucht worden ein übergeordnetes<br />
geistesgeschichtliches Konzept <strong>für</strong> Quicchebergs Methode zu finden. Über eines<br />
ist man sich allerdings einig, dass es sich um das Programm eines idealen<br />
Museums 259 bzw. einer idealen Sammlung handelt. Braungart hält „Samuel von<br />
Quicchebergs ideale Kunstkammer“ 260 sogar <strong>für</strong> eine Utopie, er schreibt:“Die<br />
universalistischen Kunstkammern sind realisierte Utopien...“. 261 Balsinger führt<br />
Quicchebergs Klassifikationen auf Plinius zurück <strong>und</strong> behauptet Klasse 1 würde<br />
Buch I-VI der Historia Naturalis entsprechen <strong>und</strong> Klasse 2 Buch VII-XXXIII. 262<br />
In dem Konzept Quicchebergs ist die enge Verbindung von Theorie <strong>und</strong> Praxis<br />
ersichtlich. Quiccheberg selbst war Sammler <strong>und</strong> hatte seit seiner Studienzeit enge<br />
Bindungen an verschiedenste Sammlerkreise geknüpft. Er bewegte sich nicht nur<br />
in einem humanistisch gebildeten Umfeld, sondern hatte durch die relativ enge<br />
Bindung zur Familie der Fugger <strong>und</strong> die Betreuung der Fuggerschen Sammlung<br />
einen direkten Bezug zum Augsburger Sammlerkreis. Seine Beziehungen konnte<br />
er durch sein Studium in Basel, seine Reisen <strong>und</strong> die spätere Anstellung bei<br />
257<br />
Volbehr, Theodor: Das „Theatrum Quicchebergicum“. Ein Museumstraum der Renaissance.<br />
In: Karl Koetschau (Hg.), Museumsk<strong>und</strong>e, Bd.V, Berlin 1909, S. 203.<br />
258<br />
Berliner: Zur älteren Geschichte der allgemeinen Museumslehre in Deutschland, S. 330f.<br />
259<br />
Vgl. Scheicher: Die Kunst- <strong>und</strong> W<strong>und</strong>erkammern der Habsburger, S. 68. Berliner: Zur älteren<br />
Geschichte der allgemeinen Museumslehre in Deutschland, S. 329f. Volbehr: Das „Theatrum<br />
Quicchebergicum“, S. 202. Bredekamp: Antikensehnsucht <strong>und</strong> Maschinenglauben, S. 33. u.a.<br />
260<br />
Braungart, Wolfgang: Die Kunst der Utopie. Vom Späthumanismus zur frühen Aufklärung.<br />
Stuttgart 1989, S. 106.<br />
261<br />
Braungart: Die Kunst der Utopie, S. 109.<br />
262<br />
Balsinger, B.J.: The Kunst- <strong>und</strong> W<strong>und</strong>erkammern. A Catalogue raisonné of Collecting in<br />
Germany, France and England, 1565-1750. Dissertation, Pittsburgh 1970, S. 544.<br />
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