Charta guter Lehre - Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft
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106 <strong>Charta</strong> <strong>guter</strong> <strong>Lehre</strong><br />
entwickelt und empirisch fun<strong>die</strong>rt. Erst eine solche hochschuldidaktische<br />
Bildungsforschung erlaubt den Anschluss der Lehrpraxis nicht nur an professionelle,<br />
sondern auch wissenschaftliche Standards, um <strong>Lehre</strong> und Studium evidenzbasiert<br />
weiterzuentwickeln.<br />
Eine an hochschuldidaktischen Belangen ausgerichtete Bildungsforschung sollte<br />
sich daher an folgenden Leitvorstellungen orientieren:<br />
• Sie sollte sich in erster Linie als eine anwendungsorientierte Forschung verstehen,<br />
<strong>die</strong> <strong>die</strong> Voraussetzungen und Wirkungen von Interventionen auf der Ebene der<br />
Curricula (im Sinne einer Curriculumentwicklung), der <strong>Lehre</strong>nden (im Sinne<br />
einer Kompetenzentwicklung) und der Hochschule als Bildungsorganisation<br />
(im Sinne einer Organisations- und Governance-Entwicklung) untersucht und<br />
analysiert.<br />
• Bei der Untersuchung sollte eine enge Kooperation mit den beteiligten Akteuren<br />
beziehungsweise Untersuchungspartnern (in der Regel <strong>die</strong> <strong>Lehre</strong>nden, Stu<strong>die</strong>renden<br />
und Stu<strong>die</strong>ngangverantwortlichen) realisiert werden, um Erkenntnispotenziale<br />
der Forschung möglichst unmittelbar <strong>für</strong> <strong>die</strong> betrachteten Praxiszusammenhänge<br />
zu generieren und nutzbar machen zu können.<br />
• Methodologisch sollte sich <strong>die</strong> Hochschulbildungsforschung an Paradigmen der<br />
quantitativen und qualitativen empirischen Bildungs- und Hochschulforschung<br />
orientieren.<br />
• Hochschulbildungsforschung kann als Wirkungs- wie auch Evaluationsforschung<br />
angelegt werden. Neben summativen Aspekten (im Sinne bilanzierender und ergebnisorientierter<br />
Forschungsfragen) sollte sie sich auch auf formative Aspekte<br />
(im Sinne prozessbegleitender auf Weiterentwicklung gerichteter Forschungsfragen)<br />
erstrecken.<br />
• Die Untersuchungsdesigns sollten darüber hinaus auch darauf angelegt sein, dass sie<br />
Erkenntnisse zum Selbstverständnis von <strong>Lehre</strong>nden in Bezug auf ihr Lehrverständnis<br />
und ihr Professionsverständnis sowie <strong>die</strong> damit verbundenen Überzeugungen<br />
und Haltungen liefern und damit fun<strong>die</strong>rte und evidenzbasierte Hinweise zur<br />
Selbstverständigung und Selbstreflexion des eigenen Handelns als <strong>Lehre</strong>nder<br />
ermöglichen.<br />
• Hochschulbildungsforschung sollte schließlich in ein hochschulisches Qualitätsmanagement<br />
Eingang finden, um <strong>Lehre</strong> und Studium in ein umfassendes<br />
Verständnis von Qualitätsentwicklung beziehungsweise exzellenter <strong>Lehre</strong> einzubinden.<br />
10.4 Die Handlungsfelder<br />
Die Handlungsfelder der Hochschulbildungsforschung ergeben sich aus den Schnittfeldern<br />
der eingangs genannten Ebenen unter den verschiedenen Perspektiven fachlicher<br />
und fachübergreifender Bezugsdisziplinen. In <strong>die</strong>sen Schnittfeldern werden<br />
<strong>die</strong> erkenntnisleitenden Fragen thematisiert, theoretisch und empirisch untersucht<br />
und in Programm-, Personal- und Organisationsentwicklungsprozesse eingebunden.<br />
Soweit <strong>die</strong> Hochschulbildungsforschung auf <strong>die</strong>se Weise nicht nur Erkenntnisse<br />
über <strong>Lehre</strong> und Studium generiert, sondern selbst zur Komponente der Hochschulentwicklung<br />
wird, bedarf es einer sorgfältigen Betrachtung der Konstellationen<br />
der Akteure. Dies wird im folgenden Abschnitt ausführlich beleuchtet, um <strong>die</strong> Anschlussfähigkeit<br />
der Hochschulbildungsforschung an <strong>die</strong> Bildungsforschung im<br />
Allgemeinen, aber auch ihre Besonderheiten herauszustellen.