22.08.2013 Aufrufe

Brennpunkt Esoterik - AGPF

Brennpunkt Esoterik - AGPF

Brennpunkt Esoterik - AGPF

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Dark Wave<br />

6. Dark Wave<br />

205<br />

In kaum einer Jugendsubkultur gehen okkult-esoterische, zivilisationskritische, neuheidnische<br />

und rechtsextreme Einflüsse eine so enge Liaison ein, wie in der Dark<br />

Wave-Subkultur. Die rechtsextreme Wochenzeitschrift „Junge Freiheit“ wußte schon<br />

früh über ideologischen Andockstellen rechtsradikaler Ideologie in der düsteren Jugendsubkultur.<br />

1996 schreibt das Blatt in einem Beitrag über Darkwavemusik:<br />

„Deutschland ist das Zentrum einer Musikkultur geworden, die ihre Wurzeln im antidemokratischen<br />

Gestus der ‚Gothic’ (gemeinhin auch Grufti-) Szene besitzt. Dieses<br />

Gemisch birgt eine Sprengkraft, vor der sich alteingesessene Sittenwächter des Musik-<br />

Mainstreams in Acht nehmen müssen. Wenn das Mystische und Irrationale, der<br />

Wunsch nach anti-aufklärerischer Innenschau und gelebter Transzendenz ihre<br />

Stimme in der Jugendkultur finden, ist der ästhetische Konsens des Westens gebrochen.<br />

Wenn die Bezugspunkte Mittelalter und deutsche Geisteskultur darstellen<br />

statt ‚Love and Peace’, wenn die Seele gegen den Intellekt ins Feld geführt wird – dann<br />

schneidet sich ein Keil in das Establishment oberflächlicher Beliebigkeit“. 243<br />

Offenkundig werden die Anbiederungsversuche des Autors an die Jugendsubkultur,<br />

wenn gegen „alteingesessene Sittenwächter“ schwadroniert wird. Dass in der sogenannten<br />

„Schwarzen Szene“ immer mehr Brückenköpfe rechtsextremer Ideologie zu<br />

finden sind, ist bei einer genaueren Betrachtung der Anfänge der sogenannten Dark-<br />

Waver nur schwer nachvollziehbar. Ihre Geburtsstunde hatte die Gruftie-Jugendsubkultur<br />

Anfang der achtiziger Jahre als Abspaltung der Punk-Bewegung, die politisch<br />

im anarchistischen Spektrum zu verorten war.<br />

Während jedoch die Punker mit ihrer Losung „No Future“ einen schrillen Gesellschaftsprotest<br />

formulierten, zeichnete die Gruftie-Szene die offen zur Schau getragene<br />

Resignation aus. Einer Gesellschaft, die diese Jugendlichen als emotional entleert betrachten,<br />

antworten die Grufties mit dem Habitus persönlicher Leere und Hoffnungslosigkeit.<br />

Augenscheinlich ist die Kleidung besetzt mit Insignien des Todes. Grufties<br />

verbindet ein Gefühl von Sinnlosigkeit und Zukunftsangst. Zusammengefaßt sind<br />

Merkmale der Darkwave-Szene eine intensive Beschäftigung mit dem Ende allen<br />

Seins, was auch eine intensive Beschäftigung mit dem Tod (Friedhofsnostalgie) mit<br />

sich bringt, eine mystisch verklärte Todesakzeptanz, eine Vorliebe für die Farbe<br />

Schwarz sowie eine ständige Präsenz von Okkultismus in der Szene. Diese Merkmale<br />

werden bereichert durch die neue Subkultur des „Neo Folk“, der sehr eng mit dem<br />

Dark Wave korrespondiert. Der Neo-Folk zeichnet sich durch keltische und germanische<br />

Anleihen aus, die sehr häufig vor der Kulisse mittelalterlischer Märkte zu finden<br />

sind. Natürlich gehen beide Subkulturen auch ineinander über, und bilden neue<br />

Abspaltungen. Zur Ideologie vieler Szeneangehöriger gehört oftmals auch eine mehr<br />

oder wenige ausgeprägte Ablehnung des Christentums. Bisher ist nur eine Minderheit<br />

in der Dark Wave- und Gruftie-Szene für Rechtsextremismen anfällig. Allerdings sind<br />

243 Junge Freiheit 4/96

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!