Brennpunkt Esoterik - AGPF
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32 Okkultismus<br />
In der ethnologischen und religionswissenschaftlichen Literatur wurde der Begriff<br />
Schamane auf religiöse Spezialisten auch anderer Stammesgesellschaften vor allem<br />
Nordamerikas übertragen und verallgemeinert, dabei werden die spezifischen Merkmale<br />
des sibirischen Schamanismus z.T. vernachlässigt und andere Vorstellungen, die<br />
der Religionshistoriker M. Eliade (1907-86) für seine Konstruktion der Religionsgeschichte<br />
heranzieht, herausgehoben. 59<br />
Durch die Schriften von Carlos Castaneda 60 wurde der amerikanische Schamanismus<br />
auch einem größeren Publikum bekannt und in der New-Age-Bewegung aufgegriffen<br />
61 . Seitdem bieten aus Nordamerika eingeflogene, aber auch heimische „Schamanen“<br />
ihre Dienste an. In Europa ist bei dieser Rezeption eine Umkehrung der Ziele des<br />
sibirischen Schamanismus zu beobachten. Während der Schamane in Sibirien die Aufgabe<br />
hat, seiner sozialen Gruppe in außergewöhnlichen Situationen zu helfen und<br />
einen „normalen“ Alltag wiederherzustellen, werden in Europa sog. schamanistische<br />
Séancen dazu eingesetzt, den Alltag zu verlassen und außergewöhnliche Bewusstseinszustände<br />
und Erlebnisse herbeizuführen. Bisweilen werden sehr teure Reisen zu<br />
den als „Kraftplätze“ bezeichneten früheren Kultorten in Nord- und Südamerika und<br />
in Südostasien angeboten, um an diesen, den heimischen Religionen heiligen Orten in<br />
einer schamanistischen Seelenreise die „Kraft“ oder „Energie“ dieser Orte zu erleben<br />
und sich anzueignen.<br />
4. Aufstellungen und Familienstellungen nach Bert Hellinger Seit einigen Jahren<br />
sind in esoterischen Veranstaltungskalendern und Periodika Hinweise aufgenommen,<br />
in denen „Aufstellungen nach Bert Hellinger“ oder „Familienstellen“ angeboten<br />
und für diese geworben wird. Manchmal ist das Aufstellen mit Astrologie oder anderen<br />
esoterischen Praktiken (Reiki, Reinkarnationstherapie, Schamanismus u.a. – so<br />
im Internet) verbunden. Obwohl B. Hellinger <strong>Esoterik</strong> selber eher negativ beurteilt 62 ,<br />
ordnen sich die „Aufsteller“ auch durch diese Werbung und Annoncen der <strong>Esoterik</strong><br />
zu.<br />
Hellinger und die anderen Aufsteller gehen davon aus, dass psychische und physische<br />
Probleme und Krankheiten auf Verstöße gegen die „Ursprungsordnungen“ der<br />
hierarchischen Familie mit dem Vater an der Spitze, gegen die Ordnung der Geschlechter,<br />
gegen das Schicksal und gegen andere, als unabänderlich angesehenen<br />
Ordnungen hervorgerufen sind. Diese Verstöße gegen die Ordnungen der Familie<br />
59<br />
Vgl. M. Eliade: Schamanismus und archaische Ekstasetechnik, Zürich 1957 (und viele Neuauflagen)<br />
60<br />
Vgl. C. Castaneda: Die Lehren des Don Juan, Frankfurt a.M. 1973, seitdem viele weitere Auflagen<br />
und seine anderen Bücher. Zu Castanedas Schriften vgl. Hans Sebald: Die Märchenwelt des Carlos<br />
Castaneda, in: H. P. Dürr (Hg.): Authentizität und Betrug in der Ethnologie, Frankfurt a.M. 1987.<br />
61<br />
Für die Rezeption im New Age sind vor allem wichtig geworden: H. Kalweit: Die Welt der Schamanen.<br />
Traumzeit und innerer Raum, Frankfurt a.M. 1987 und M. Harner: Der Weg der Schamanen, Interlaken<br />
1983 (und viele Neuauflagen).... Kritisch dazu: H. Zinser: Zur Faszination des Schamanismus,<br />
in: M. Kuper( Hg.): Hungrige Geister und rastlose Seelen, Berlin 1991, S. 17 – 26.<br />
62<br />
B. Hellinger und G. ten Hövel: Anerkennen, was ist. Gespräche über Verstrickung und Lösung, München:<br />
Kösel 13. Aufl 2003, S. 66 – 70. Hellinger hat seine therapeutische Vorgehensweise in: Ordnungen<br />
der Liebe. Ein Kursbuch, 7. Aufl. Heidelberg: Carl-Auer-Systeme 2001, dargelegt.