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Brennpunkt Esoterik - AGPF

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62 Okkultismus<br />

mögen ein individuelles Bedürfnis nach einem sinnvollen Leben befriedigen können,<br />

als Instanz für eine gesellschaftliche Ordnung von Recht und Leben bleiben sie auf ihre<br />

Anhänger begrenzt.<br />

Es gibt verschiedene Vorschläge, den modernen Okkultismus in unsere kulturelle und<br />

geistige Lage einzuordnen. Zum einen rechnet eine verbreitete Auffassung vor allem<br />

den Jugendokkultismus jenen Erscheinungen zu, die am Rande aller Gesellschaften<br />

und in vielen Zeiten auftreten und denen keine allgemeine gesellschaftlich Bedeutung<br />

zukomme. Exzentriker habe es immer gegeben und man dürfe besonders dem<br />

Jugendokkultismus nicht zuviel Bedeutung zuschreiben, da dieser und die Geschäftemacher<br />

des Okkultismus damit nur aufgewertet würden. Tatsächlich wird man davon<br />

ausgehen dürfen, dass zumindest ein Teil der Jugendlichen das Interesse an okkulten<br />

Praktiken verlieren, sie wieder langweilig finden und aufgeben. Ein anderer Teil, wie<br />

die wenigen Untersuchungen zum Erwachsenen-Okkultismus nahelegen, aber eben<br />

nicht.<br />

Wenn man die von den Jugendlichen und Erwachsenen genannten Gründe betrachtet,<br />

wird am häufigsten „Neugier“, danach „Interesse am Außergewöhnlichen“ und an<br />

dritter Stelle „Unterhaltung“ und mit deutlichem Abstand „Orientierungs- und Entscheidungshilfe“<br />

angegeben. Dies verweist darauf, dass die Neugierde, die eigentlich<br />

im Wissen und in der Wissenschaft, aber auch in anderen Erfahrungen ihre Antworten<br />

finden sollten, nicht befriedigt wird, dass das Interesse am Außergewöhnlichen, das<br />

traditionell eine Domäne der Religion war, und schließlich die Unterhaltung, die unsere<br />

Kunst und die Medien gewährleisten sollten, vielen nicht erreichbar oder schal<br />

geworden sind, jedenfalls nicht die Befriedigungen bieten, die von ihnen erwartet<br />

werden. Der angegebene Grund Orientierungs- und Entscheidungshilfe zeigt, dass<br />

unsere gesellschaftlichen Lebensverhältnisse nicht so vernünftig sind, wie wir immer<br />

meinen, und dass viele Menschen nicht hinreichend auf von ihnen selbst zu verantwortende<br />

Entscheidungen vorbereitet und dazu fähig sind. Man könnte den Okkultismus<br />

gewissermaßen als Spiegelbild unserer Gesellschaft ansehen, in dem ihre Defizite<br />

einen Ausdruck erhalten.<br />

Sofern Menschen mit Hilfe okkulter Praktiken eine Hilfe bei Entscheidungen suchen,<br />

wenn sie in Krisen- und Konfliktsituationen mit ihrer Vernunft und ihren Gefühlen<br />

nicht mehr weiter wissen, entsteht zugleich eine Entlastung von der Verantwortung,<br />

die dann der Auskunft der „Geister“ als Legitimation zugeschoben wird. Ein solches<br />

Verhalten lässt die wesentlichen Prinzipien unserer Kultur von Freiheit, Selbstbestimmung<br />

und Verantwortung erodieren.<br />

Es ist weiter vorgeschlagen worden, den Okkultismus und die <strong>Esoterik</strong> als Wiederkehr<br />

eines vergangenen, durch das Christentum und die Wissenschaften kritisierten,<br />

aber untergründig immer vorhandenen vorchristlichen und vor allem vorwissenschaftlichen<br />

Weltbildes anzusehen. Diese Wiederkehr okkulter Vorstellungen könnte<br />

dann als Zeichen einer individuellen und gesellschaftlichen Krisensituation betrachtet<br />

werden, in welcher der Orientierungs- und Selbstverständigungsrahmen des mo-

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