Brennpunkt Esoterik - AGPF
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22 Okkultismus<br />
tiver Eigenschaften“ (Simone Sommer, Seminar Engel, die Boten Gottes, 4.12.93). In<br />
Veranstaltungen und Seminaren (für ca. Euro 75,-) wird versprochen, „neben theoretischem<br />
Wissen praktische Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit den Engeln“ zu<br />
vermitteln. Während die ersten solcher Angebote direkt die „Kinderphantasien,<br />
genährt durch Märchen und Träume“ ansprachen, werden diese Märchengestalten in<br />
den letzten Jahren mit (angeblich) indianischen Überlieferungen verbunden und den<br />
Kunden wird versprochen, in Meditationsabenden oder Seminaren durch „angeleitete<br />
visuelle Reisen“ einen Kontakt mit diesen Wesen herzustellen und ihren als verloren<br />
angesehenen „Schutzengel“ wiederzufinden (Seraphim, Jul-Okt. 2001). Die verbreitete<br />
Vorstellung eines Schutzengels wird in Verbindung zu esoterischen Gestalten<br />
der „aufgestiegenen Meister“, „Naturgeister“ und „Kraftplätze in der Natur“ etc. gebracht.<br />
Damit wird die Welt der Märchen in die <strong>Esoterik</strong> einbezogen. Allerdings kann<br />
man dies auch umgekehrt für ein Verständnis der Beteiligung und Faszination an der<br />
<strong>Esoterik</strong> heranziehen. Dann wird deutlich, dass esoterische Vorstellungen und Praktiken<br />
Wünsche zu befriedigen versprechen, die im Reiche der Märchen und Träume<br />
ihren Ort haben. Zugleich wird einsichtig, dass esoterischen Vorstellungen unerfüllte<br />
und vor allem unerfüllbare Wünsche zugrunde liegen. Die Konsumenten von Märchen,<br />
sei es als Buchlektüre oder im Film, räumen diesen allerdings keinen Platz im<br />
realen Leben ein.<br />
In manchen esoterischen Therapien werden Engel wie Teufel als Projektionsbilder der<br />
eigenen psychischen Strebungen verwendet. Dies gilt besonders für alle esoterischen<br />
Therapieverfahren, die sich an den Psychoanalytiker Carl Gustav Jung (1875-1961) anlehnen.<br />
C. G. Jung hat sich selber viel mit Okkultismus beschäftigt und in seinen Therapien<br />
und Theorien auch mit okkulten Vorstellungen experimentiert.<br />
2.9. Hexen<br />
Auch die Gestalt der Hexe ist in letzter Zeit den meisten Menschen durch Bücher wie<br />
die „Kleine Hexe“ und aus Jugendzeitschriften bekannt, früher auch durch Grimms<br />
Märchen. Doch war die Hexenfigur nicht immer mit amüsanten Geschichten verbunden,<br />
im Gegenteil: in der frühen Neuzeit wurden Frauen unter dem Vorwurf der<br />
Hexerei verfolgt, gefoltert und ermordet. Die Schätzungen der damaligen Opfer liegen<br />
zwischen 100.000 und einer Million. Die Anklagen gegen die als Hexen gebranntmarkten<br />
Frauen (in deutlich weniger Fällen auch gegen Männer) sind in der Regel den<br />
als krankhaft zu bewertende Phantasien ihrer männlichen Inquisitoren und Verfolger<br />
entsprungen. 29 Ob es außerhalb dieser Phantasien die den Frauen vorgeworfenen<br />
Taten wie Schadenzauber, Teufelsbuhlschaft, Hexensabbate usw. überhaupt gegeben<br />
hat, muss mit guten Gründen bezweifelt und abgewiesen werden. Um so überraschender<br />
war es dann, dass in der spirituellen Frauenbewegung diese explizit männliche<br />
Phantasie der Hexe von Frauen zur Identifikationsfigur für die Emanzipation<br />
29 Vgl. Becker, Bovenschen, Brackert (Hg.): Aus der Zeit der Verzweiflung, Frankfurt a.M. 1977