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Brennpunkt Esoterik - AGPF

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58 Okkultismus<br />

In den meisten Religionsgemeinschaften wird man Mitglied durch die elterliche Erziehung.<br />

Dadurch erhalten diese Gemeinschaften auch über den Generationswechsel<br />

Bestand. Esoterische Eltern geben ohne Zweifel ihre Auffassungen auch an ihre Kinder<br />

weiter, aber von wenigen Ausnahmen abgesehen, werden die Kinder nicht automatisch<br />

Mitglieder. Esoterische und okkulte Gemeinschaften müssen deshalb ständig<br />

neue Anhänger werben.<br />

Bei der Analyse der sozialen Beziehungen von <strong>Esoterik</strong>ern in den esoterischen Gemeinschaften<br />

kann man vor allem zwei Typen 108 beobachten:<br />

1. <strong>Esoterik</strong>er kommen zu eventuell großen Einzelveranstaltungen zusammen wie bei<br />

einem Konzert oder Theaterbesuch. Sie laufen wie auf den <strong>Esoterik</strong>messen aneinander<br />

vorbei und haben kaum eine Beziehung zu den anderen Anwesenden. Nach der<br />

Veranstaltung gehen sie auseinander, um bei anderer Gelegenheit vielleicht mit ganz<br />

anderen Menschen zusammen zu kommen. Diese Form einer Gruppe kann man Publikumsgemeinschaft<br />

nennen. Solche Formen der unverbindlichen Gemeinschaftsbildung<br />

kann man am besten auf den <strong>Esoterik</strong>messen und in esoterischen Läden beobachten,<br />

aber auch bei ihren einzelnen Kultveranstaltungen. Man kann bei solchen Veranstaltungen<br />

bisweilen erleben, dass Frauen wie Männer, wenn ihnen ein solcher Kult<br />

nicht gefiel, mitten im Ablauf gelegentlich sogar unter deutlichen Missfallensbekundungen<br />

weggingen. Ein solches Verhalten demonstriert zugleich, dass viele Anhänger<br />

der <strong>Esoterik</strong> diese nicht gerade sonderlich ernst nehmen. <strong>Esoterik</strong> scheint in diesen<br />

weithin der Beliebigkeit von Freizeitveranstaltungen zu dienen.<br />

2. Einzelne nehmen ihren Guru oder esoterischen Spezialisten wiederholt in Anspruch,<br />

bilden aber mit den anderen „Kunden“ dieses Spezialisten keine Beziehungen<br />

heraus. Sie verhalten sich wie die Klienten eines Rechtsanwaltes oder eines Arztes.<br />

Man kann diese Form der Gruppenbildung Klientengemeinschaft nennen. Nur die Mitarbeiter<br />

dieses Spezialisten bilden eine sozial verpflichtende Gemeinschaft (Mitarbeitergemeinschaft),<br />

die aber von den ökonomischen Zwängen und vielleicht einer aufgetretenen<br />

psychischen Abhängigkeit abgesehen auch jederzeit wieder gelöst werden<br />

können. Was psychische Abhängigkeit ausmacht, ist freilich bisher von den Psychologen<br />

kaum zureichend bestimmt.<br />

Diese Formen der esoterischen Gemeinschaftsbildung haben Voraussetzungen und<br />

Konsequenzen für die esoterischen Glaubensvorstellungen und Praktiken. Auch die<br />

Lehren und Praktiken bleiben unverbindlich und es gibt keine Instanz, die entscheiden<br />

könnte und die Macht hätte, auch durchzusetzen, was richtig oder falsch sei. Die<br />

Formen der sozialen Beziehungen von esoterischen und okkulten Gemeinschaften<br />

entsprechen der unverbindlichen Pluralität ihrer Vorstellungen und Praktiken. Ein<br />

Gemeinschaftshandeln kommt allenfalls zur Abwehr staatlicher Maßnahmen, wie<br />

z.B. 1997/98 bei der Verhinderung des Gesetzes zur gewerblichen Lebenshilfe zustande.<br />

108<br />

Zur religiösen Gruppenbildung vgl. H. Zinser: Gruppe, in: Metzler Lexikon Religion, Bd. 1, S. 523ff,<br />

Stuttgart 1999.

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