Vollversion (1.57 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen
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Literatur<br />
REZENSIONEN<br />
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Die christliche Rechte in den USA:<br />
Protest – Anpassung – Etablierung<br />
Im Titel des Buches spiegelt sich schon die These<br />
– und zugleich das Ergebnis dieser Untersuchung<br />
wieder: Die christliche Rechte unterliegt<br />
– wie jede soziale Bewegung – den besonderen<br />
Eigenheiten des politischen Systems der USA:<br />
„Die Funktionsimperative dieses Systems lassen<br />
grundsätzlich, wie in den folgenden Abschnitten<br />
gezeigt werden soll, die Anpassung<br />
und Etablierung von sozialen <strong>Bewegungen</strong> erwarten“<br />
(S. 16). Der Autor wendet sich damit<br />
sowohl gegen Thesen, die eine Radikalisierung<br />
der christlichen Rechten (Theokratie u. Faschisierungstendenzen)<br />
als auch ihre Marginalisierung<br />
erwartet haben.<br />
Damit ist zugleich auch klar, was diese Untersuchung<br />
nicht ist und auch nicht sein will:<br />
Eine Bestimmung der religiösen Identität, der<br />
Herkunft, der soziologischen Stabilität der (neuen)<br />
christlichen Rechten als gesellschaftlichem<br />
Segment. Und daher rührt auch die wenig zufriedenstellende<br />
Definition der christlichen Rechten<br />
als „konservative Protestanten, die sich<br />
durch strenge Konformität mit bestimmten<br />
Glaubensdoktrinen des Christentums auszeichnet<br />
und einen starken missionarischen Anspruch<br />
hat.“ (S. 11).<br />
Das politische System und seine<br />
Integrationsfähigkeit<br />
Thema dieser Habilitiationsschrift ist also eher<br />
das politische System der USA und seine Integrationsfähigkeiten<br />
sozialer <strong>Bewegungen</strong> am<br />
Beispiel der (neuen) christlichen Rechten, so<br />
dass am Ende der Lektüre der Eindruck vorherrscht,<br />
dass die ausführliche Analyse (Die<br />
Entstehung der neuen christlichen Rechten (S.<br />
35-61) – Die neue christliche Rechte in den achtziger<br />
Jahren (S. 75-120) – Die Christliche Rechte<br />
105<br />
in den neunziger Jahren (S. 121-259) – Die<br />
Entwicklung (S. 283-299) – Integration durch<br />
Partizipation (S. 299-324)) nur paradigmatisch<br />
für die ,Integrationsfähigkeit‘ (und Demokratiefähigkeit?)<br />
des politischen Systems der USA<br />
steht. Dies wäre dann auch die eigentlich zu<br />
diskutierende These der vorliegenden Untersuchung.<br />
Geburtsstunde der neuen christlichen<br />
Rechten<br />
Aber zunächst zur Analyse der (neuen) christlichen<br />
Rechten selbst: Für Brocker ist ein erster<br />
Ausgangspunkt der Formierung des evangelikalen<br />
Milieus in der Liberalisierung der<br />
USA in den sechziger und siebziger Jahren zu<br />
suchen, die zu deren Verunsicherung, nicht jedoch<br />
schon zu ihrer Politisierung führte. Die<br />
Geburtststunde der neuen christlichen Rechten<br />
ist vielmehr in Kooperationsbemühungen<br />
der ,Neuen Rechten‘, des Neokonservatismus<br />
mit „evangelikalen Geistlichen und Fernsehpredigern“<br />
(S. 53) zu sehen: „Ohne den Rückgriff<br />
auf die vorhandenen Ressourcen der Neuen<br />
Rechten und ohne das Wirken der protestantisch-fundamentalistischen„Bewegungsunternehmer“,<br />
die die latent vorhandene Unzufriedenheit<br />
im evangelikalen Milieu aufgriffen,<br />
bündelten und in organisatorische Aktivitäten<br />
übersetzten, wäre die politische Mobilisierung<br />
des Evangelikalismus nicht gelungen<br />
und die soziale Bewegung der Neuen Christlichen<br />
Rechten nicht zu nationaler politischer<br />
Bedeutung gelangt.“ (S. 53): Wir erinnern uns<br />
an die ,moral majority‘ als sichtbarem Ausdruck<br />
dieser ersten Phase der Bewegung. Obwohl<br />
am Ende dieser Phase der Zusammenbruch<br />
der wichtigsten Organisationen dieser<br />
Bewegung stand, resümiert Brocker, dass sie<br />
zumindest in der „Aufmerksamkeitsstrukturierung<br />
überaus erfolgreich gewesen“ (S. 119)<br />
seien: Abtreibung, öffentliches Schulgebet, religiöse<br />
Grundlagen der Moral standen wieder<br />
auf der politischen Tagesordnung.