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Vollversion (1.57 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen

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Literatur<br />

Umsetzung ohne Nationalstaaten. Dies wird<br />

am Beispiel des ausgesprochen erfolgreichen<br />

,Forest Stewardship Council‘ (FSC), einer<br />

globalen Zertifizierung nach ökologischen<br />

und sozialen Gesichtspunkten in der Forstwirtschaft,<br />

untersucht. Das FSC kann sich<br />

global in erstaunlichem Maße durchsetzen,<br />

weil die Zertifizierung zu einem wichtigen<br />

Argument bei politischem Konsum wird.<br />

Wolfgang van den Daele und Rainer Döbert<br />

berichten aus einem Diskursverfahren zum<br />

Zugang patentgeschützter Medikamente, an<br />

dem Pharmaunternehmen, Nicht-Regierungsorgansiationen,<br />

unabhängige Experten<br />

und Vertreter von Regulierungsinstanzen<br />

beteiligt waren. Gerade bei der Behandlung<br />

von AIDS-Patienten besteht ein tiefer Graben<br />

zwischen solidarischer Rhetorik und<br />

Zugang zu Medikamenten. Moralische Anforderungen<br />

an Unternehmen wurden in dem<br />

Diskursverfahren getestet mit dem Effekt,<br />

dass sich beide Seiten aufeinander zu bewegen<br />

müssen und Grundsätzliches anerkennen.<br />

Für Handlungen bleibt aber die Weltsolidargemeinschaft<br />

eine Vision. Dietmar Jazbinsek<br />

präsentiert und illustriert beispielhaft<br />

die These, die Zivilgesellschaft in den USA<br />

sei nicht entsprechend Putnams Behauptung<br />

in einem Niedergang begriffen, sondern entwickle<br />

sich zu einem Medienlobbyismus.<br />

Jeanette Hofmann betrachtet das Experiment<br />

der Demokratie im Netz, der Wahlen von<br />

neun Nutzervertretern in dem Gremium für<br />

einige Regulierungen im Internet (ICANN).<br />

Im Prozess dieser Wahl lässt sich beobachten,<br />

wie die Idee einer demokratischen Beteiligung<br />

von Nutzern der Internet-Community<br />

bei einer NGO an Legitimität verliert.<br />

Während Nicht-Regierungsorganisationen<br />

zunächst oftmals ein legitimatorisches Plus<br />

verbuchen können, indem sie überhaupt Partizipation<br />

gewährleisten, lässt sich an diesem<br />

Fall sehen, wie die geringe demokratische<br />

Verankerung in einer breiten Gruppe<br />

111<br />

(hier der Internetnutzer) zunehmend als Defizit<br />

angesehen wird. Zu einer skeptischen<br />

Einschätzung der Rolle von zivilgesellschaftlichen<br />

Akteuren kommt auch Helmut Weidner,<br />

der seine Überlegungen in Anlehnung<br />

an ein Diskursverfahren der Bergbau- und<br />

Metallindustrie entwickelt. Die Beteiligung<br />

von zivilgesellschaftlichen Akteuren an dem<br />

Deliberationsverfahren war, im Rahmen des<br />

möglichen, hilfreich für eine umfassende<br />

Problembetrachtung, letztlich bleiben aber<br />

die Deliberationen gegenüber starken Interessen<br />

machtlos. Dieter Rucht schließlich sortiert<br />

im letzten Beitrag des Bandes die unterschiedlichen<br />

Strömungen von Globalisierungskritikern<br />

auf ihre Ideologie und Aktionsvorstellungen<br />

hin. Dabei tut sich eine<br />

große Spannbreite unterschiedlicher Kritikausrichtungen<br />

auf und auch die Vorstellungen,<br />

wie Wandel herbeigeführt werden soll,<br />

reichen von Diskussion und Expertise bis<br />

zu Revolution der Straße. Auffällig ist<br />

allerdings die Theorieferne; ganz anders als<br />

in der Studentenbewegung der 1968er.<br />

Spannende Zusammenstellung<br />

Das Jahrbuch ist eine spannende Zusammenstellung<br />

unterschiedlicher Beiträge zum Thema<br />

Zivilgesellschaft. Dass die Autorinnen und<br />

Autoren dabei kein kohärentes gemeinsames<br />

Verständnis von Zivilgesellschaft entwickeln,<br />

kann nicht verwundern angesichts der vielen<br />

Schattierungen des Begriffs in der wissenschaftlichen<br />

Diskussion. Die einleitende Definition<br />

der Herausgeber versammelt einige<br />

Aspekte, die allerdings, insbesondere angesichts<br />

der normativen Aufladung („friedliches<br />

Handeln“, das sich „auf das allgemeine Wohl“<br />

bezieht, S. 11), in der definitorischen Zusammenstellung<br />

nicht weiterhelfen. So widersprechen<br />

praktisch alle Autoren des Bandes dieser<br />

Definition einschließlich der Autoren des<br />

ersten Beitrages, die Mitautoren der Einleitung<br />

sind. Die normative Aufladung von Zi-

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