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Vollversion (1.57 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen

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38<br />

neuen sozialen <strong>Bewegungen</strong> entdecken lässt.<br />

Dies gilt vor allem für den radikalen, biozentristischen<br />

Flügel der US-amerikanischen Umweltbewegung<br />

(Earth First!) sowie für die Anhänger<br />

eines tiefenökologischen Bewusstseins.<br />

Gemeinsam ist diesen Fraktionen der Umweltbewegung<br />

die holistische Auffassung von der<br />

Verbundenheit allen Lebens auf dem Planeten<br />

sowie die Empfindung einer Verbindung und<br />

Verwandtschaft zur Erde, ihren Lebensformen<br />

und den auf ihr lebenden Spezies (Taylor 2001b:<br />

238; vgl. auch Campbell 1999). Dies schließt,<br />

wie Taylor zeigt, die Kultivierung von Ritualen<br />

einer spirituellen Erfahrung der Einheit wie der<br />

Kommunikation mit der Natur ebenso ein wie<br />

individuelle und kollektive Formen direkter<br />

Aktion als Ausdruck dieser Spiritualität (vgl.<br />

Taylor 2001a, 2001b).<br />

5. Die ‚Wiederverzauberung‘ der<br />

Welt als Herausforderung der<br />

Bewegungsforschung?<br />

Die Diskussion der Faktoren, die bisher eine<br />

stärkere Berücksichtigung des Verhältnisses von<br />

Religion und sozialen <strong>Bewegungen</strong> verhindert<br />

haben – allen voran das Säkularisierungstheorem<br />

und die These vom traditionalistischen, gegenmodernen<br />

oder fundamentalistischen Charakter<br />

des Religiösen – hat gezeigt, dass dieser<br />

blinde Fleck der Bewegungsforschung nicht<br />

länger gerechtfertigt werden kann. Ob und inwieweit<br />

sich das in der künftigen Forschung<br />

niederschlägt, hängt auch davon ab, wie vielversprechend<br />

eine solche Forschungsperspektive<br />

ist. Eine Fokussierung auf die Rolle der<br />

Religion als Ressource sozialer <strong>Bewegungen</strong><br />

sowie auf die Bewältigung der strukturell ähnlichen<br />

Herausforderungen sozialer und religiöser<br />

<strong>Bewegungen</strong> bewegt sich in eher konventionellen<br />

Bahnen und hat daher, so bedeutsam sie<br />

auch als Ergänzung oder Korrektur bisheriger<br />

Forschung ist, wohl nur eine begrenzte Attraktivität.<br />

Ein vielversprechenderes, aber auch risi-<br />

koreicheres Unternehmen ist sicher die Erforschung<br />

des Zusammenhangs der Tendenzen zu<br />

einer ‚Wiederverzauberung‘ der Welt in Form<br />

einer neuen Spiritualität mit Prozessen der Protestmobilisierung<br />

– denn hier könnte sich das<br />

mobilisierungsfähige Potenzial für eine mehr<br />

oder weniger konflikthafte Transformation der<br />

Konstitution moderner Gesellschaften abzeichnen<br />

(vgl. Bourg 1983: 59).<br />

Ulrich Willems (geb. 1960) ist Politikwissenschaftler<br />

und Habilitand am Institut für Politische<br />

Wissenschaft der Universität Hamburg.<br />

Seine Mail-Anschrift lautet: Uwillems@<br />

aol.com.<br />

Anmerkungen<br />

Ulrich Willems<br />

1 Keineswegs weniger problematisch ist die<br />

Rawlssche Unterscheidung von Gründen auf<br />

der Basis eines öffentlichen und solchen auf<br />

der Basis eines nichtöffentlichen Vernunftgebrauchs<br />

(1998; vgl. dazu ausführlich Willems<br />

2003: 98-105).<br />

2 Vgl. u.a. die Beiträge in den Sammelbänden<br />

von Smith (1996b) und Yarnold (Yarnold<br />

1991) sowie Haspel und Minkenberg, in diesem<br />

Heft.<br />

3 Vgl. Reetz, in diesem Heft; vgl. aber auch<br />

als Beispiele für Untersuchungen islamischer<br />

Mobilisierung aus der Perspektive der Bewegungsforschung<br />

die Bände von Burke und Lapidus<br />

(1988) sowie Wiktorowicz (2004).<br />

4 Empirisch ist die Rolle von religiösen Organisationen,<br />

Akteuren und Traditionen als Ressource<br />

sozialer <strong>Bewegungen</strong> vor allem in Arbeiten<br />

zur US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung<br />

herausgearbeitet worden (vgl. Haspel,<br />

in diesem Heft).<br />

5 Die Bedeutung dieser Dimension von Religion<br />

als Ressource sozialer <strong>Bewegungen</strong> wird<br />

deutlich, wenn man in Rechnung stellt, dass es<br />

eine eigenständige Logik kollektiven Handelns<br />

mit uneigennützigen Zielen gibt, die nicht oder

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