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Vollversion (1.57 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen

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108<br />

Deutschland nicht mehr als 10 000 Mitglieder<br />

zählenden Jesus Freaks in die so mächtige wie<br />

reaktionäre Bewegung der amerikanischen<br />

Evangelisten einzuordnen, doch zahlreiche ideologische<br />

Parallelen und konkrete Vernetzungsbemühungen<br />

sind unbestreitbar vorhanden.<br />

Hier sollten progressive Christen und andere<br />

rechtzeitig den Dialog suchen und das Feld<br />

nicht den Heilsbringern von rechtsaußen überlassen.<br />

Authentisches Bild der Szene<br />

Publikationen des Archiv der Jugendkulturen<br />

zeichnen sich ja üblicherweise dadurch aus,<br />

dass sie frühzeitig – bevor die Wissenschaft<br />

und die seriöse Publizistik das Thema entdeckt<br />

– auf neue, gesellschaftlich relevante Entwicklungen<br />

im Umfeld jugendlicher Kultur- und<br />

Freizeitwelten aufmerksam machen. Dass das<br />

kleine private Institut so schnell wie fundiert<br />

auf Trends reagieren kann, liegt an der immer<br />

wieder bewusst gesuchten Nähe zu den Szenen<br />

selbst. Selbst Angehörige üblicherweise<br />

verdeckt agierender Szenen wie Satanisten oder<br />

Neonazis werden –trotz offen bekundeter inhaltlicher<br />

Distanz – mit dem Versprechen geködert,<br />

ausführlich und unzensiert zu Wort zu<br />

kommen. So sind die Veröffentlichungen des<br />

Archiv der Jugendkulturen stets sehr genaue,<br />

authentische Abbilder der subkulturellen Realität<br />

vor allem von Szenen, an die sich ‚normale‘<br />

ForscherInnen oft gar nicht herantrauen<br />

oder schon aufgrund ihres Habitus keine Chancen<br />

haben – und damit eine unerschöpfliche<br />

und unverzichtbare Quelle für die Arbeit eben<br />

dieser anderen WissenschaftlerInnen, aber<br />

auch für politische BildnerInnen, Medien- und<br />

Bewegungsmenschen.<br />

Theoretische Reflexion steht zurück<br />

Die theoretische Reflexion, gar Theoriebildung<br />

ist allerdings keine Stärke der eher ethnographisch<br />

ausgerichteten Studien des Archiv der<br />

Jugendkulturen. Das gilt auch für die beiden<br />

<strong>Forschungsjournal</strong> NSB, Jg. 17, 4/2004<br />

neuen Veröffentlichungen: Farin liefert ergänzend<br />

zu den zahlreichen und durchaus widersprüchlichen<br />

und spannenden O-Tönen der<br />

,Freaks‘ eher knappe Kommentierungen, erläutert<br />

allerdings zum ersten Mal in einem Anhang<br />

ausführlich die Arbeitsweise und Forschungspraxis<br />

,seines‘ Hauses. Kurt Möller,<br />

als betreuender Professor der studentischen<br />

Forschungsgruppe ,Jugend und Religion‘ an<br />

der Fachhochschule für Sozialwesen im baden-württembergischen<br />

Esslingen, stellt der<br />

Arbeit zwar ein zwölfseitiges Essay zum religiösen<br />

Revival voran. Doch auch hier stehen<br />

Interviews im Mittelpunkt, die seine StudentInnen<br />

mit christlichen, islamischen und jüdischen<br />

Jugendlichen sowie Neonazis und Fußballfans<br />

über ihre religiösen Vorstellungen<br />

führten. Vielleicht mit Ausnahme der Neonazis<br />

sind es keine extremen Jugendlichen, die<br />

hier zu Wort kommen, sondern eher ganz normale<br />

Gläubige zwischen 12 und 30 Jahren,<br />

wie man ihnen überall zwischen Rostock und<br />

Passau begegnen kann. Aber gerade das – und<br />

die Abfolge kontrastreicher, aber oft auch erstaunlich<br />

übereinstimmender Statements verschiedener<br />

religiöser ,Konfessionen‘ – macht<br />

auch den besonderen Reiz dieses Buches aus,<br />

das zwar nicht die Frage beantworten kann<br />

(und will), ob es generell zu einem Comeback<br />

der Religiosität unter Jugendlichen kommt,<br />

aber einen durchaus tiefgründigen Einblick in<br />

das Seelen- und Geistesleben derjenigen Jugendlichen<br />

bietet, deren Sinnsuche bereits in<br />

diverse religiöse Pfade gemündet ist.<br />

Edith Winner, Berlin<br />

Besprochene Literatur<br />

Projektgruppe Jugend und Religion/Möller,<br />

Kurt 2005: If God is a DJ. Religiöse Vorstellungen<br />

von Jugendlichen. Berlin: Archiv der Jugendkulturen.<br />

Farin, Klaus 2005: Freaks für Jesus. Die<br />

etwas anderen Christen. Berlin: Archiv der Jugendkulturen.

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