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Vollversion (1.57 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen

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mus unberücksichtigt lassen. Reetz plädiert<br />

dafür, islamistische <strong>Bewegungen</strong> stärker anhand<br />

ihrer sozialen Aktivitäten wie auch religiösen<br />

Motive zu differenzieren. So sieht er unterschiedliche<br />

Grundtypen: Gruppen, die religiös<br />

argumentieren, um sich am politischen System<br />

zu beteiligen, militante Gruppen, die zur Durchsetzung<br />

ihrer Ziele theologische Begründungen<br />

einsetzen, islamistische Sozialverbände, die wie<br />

NGOs arbeiten und eine islamische Zivilgesellschaft<br />

prägen, sowie eher missionarische Gruppierungen<br />

ohne direkte politische Ansprüche.<br />

Anhand Japans zeigt Iris Wieczorek die Rolle<br />

und politische Einflussnahme von neuen religiösen<br />

<strong>Bewegungen</strong> auf. Das Land eignet sich<br />

dafür insbesondere, da das Phänomen der neuen<br />

religiösen <strong>Bewegungen</strong> im Vergleich zu den<br />

USA und Europa dort stärker ausgeprägt ist. Es<br />

existieren über 600 religiöse Gruppen, an denen<br />

sich bis zu 20% der japanischen Bevölkerung<br />

beteiligen. Diese neuen religiösen <strong>Bewegungen</strong><br />

sind Indikatoren und Träger von sozialem<br />

Wandel und haben Nischen alternativer Lebensstile<br />

geschaffen. Wieczorek untersucht, wie<br />

sich Aspekte des Wertewandels und der politischen<br />

Gelegenheitsstrukturen auf Mobilisierungsaktivitäten<br />

religiöser <strong>Bewegungen</strong> in Japan<br />

auswirken.<br />

Joachim Süss wendet sich den Konflikten<br />

um die neuen religiösen <strong>Bewegungen</strong> in der<br />

Bundesrepublik zu. Er kritisiert, dass Staat und<br />

Kirchen auf die Pluralisierung der religiösen<br />

Angebote mit einem delegitimierenden Diskurs<br />

reagiert haben, der diese <strong>Bewegungen</strong> als ‚Sekten‘<br />

diskreditiert und als Gefahr für die Gesellschaft<br />

bezeichnet. Trotz ihrer Feststellung, von<br />

den Sekten gehe keine ‚ernsthafte Bedrohung‘<br />

aus, hat die eigens eingesetzte Enquete-Kommission<br />

des Deutschen Bundestags rechtliche<br />

und soziale Reglementierungen empfohlen.<br />

Süss behandelt beispielhaft den Umgang mit<br />

der Scientology Kirche. Der Konflikt um den<br />

Umgang mit den sogenannten neuen religiösen<br />

<strong>Bewegungen</strong> dreht sich jedoch nicht nur um die<br />

Editorial<br />

empirische Frage, ob oder inwieweit von diesen<br />

<strong>Bewegungen</strong> Gefahren für die Mitglieder<br />

oder die Gesellschaft ausgehen. Im Hintergrund<br />

steht, wie David Bromley zuletzt deutlich gemacht<br />

hat, eine normative und politische Auseinandersetzung,<br />

die sich um das Prinzip der Autonomie<br />

dreht: Während die einen die Autonomie<br />

der Mitglieder vor ihrer vermeintlichen Gefährdung<br />

durch die neuen religiösen <strong>Bewegungen</strong><br />

schützen wollen und dementsprechend für<br />

staatliche Schutzmaßnahmen plädieren, suchen<br />

die anderen die Autonomie der Mitglieder neuer<br />

religiöser <strong>Bewegungen</strong> in Form individueller und<br />

kollektiver Religionsfreiheit zu verteidigen.<br />

Alexander Leistner erörtert in seinem Beitrag<br />

in der Rubrik Pulsschlag das Verhältnis<br />

von Religion und sozialer Bewegung am Beispiel<br />

der Friedensbewegung. Hingewiesen sei<br />

mit Blick auf den Themenschwerpunkt auch<br />

noch auf zwei Rezensionen zum Thema Religion<br />

und Bewegung in diesem Heft: ‚Die christliche<br />

Rechte in den USA’ und ‚Jesus Freaks –<br />

ganz normale Gläubige?’<br />

Nele Boehme, Berlin/Ansgar Klein, Berlin/Anja<br />

Löwe, Berlin/ Ulrich Willems, Darmstadt<br />

Erratum zu Heft 3/2005<br />

Im Beitrag von Niederhafner/Speth ‚Die<br />

Ministerialbürokratie in Deutschland – Vom<br />

Kellner zum Koch‘ des vergangenen Heftes des<br />

<strong>Forschungsjournal</strong>s (Heft 3/2005) ist ein Zitat<br />

nicht als solches ausgewiesen worden. Auf Seite<br />

26 wird der Begriff ‚administrative Gesetzgebung’<br />

verwendet, ohne auf den Urheber und<br />

Ort des Begriffs zu verweisen: Ralf Tils, ‚Politische<br />

vs. administrative Gesetzgebung. Über<br />

die Bedeutung der Ministerialverwaltung im<br />

Gesetzgebungsverfahren‘, in: Recht und Politik,<br />

Jg. 38, H. 1, 13-22. Die Autoren bedauern<br />

diese versehentliche Unterlassung, zumal die<br />

nachfolgenden Erläuterungen eine Paraphrase<br />

des Artikels sind.<br />

Die Redaktion

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