Vollversion (1.57 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen

Wer demonstrierte gegen Hartz IV?
bzw. Organisation aktiv zu sein. Unter denen,
die von Hartz IV-Regelungen überwiegend negativ
betroffen sind (Bezieher von Arbeitslosengeld
bzw. Arbeitslosenhilfe), ist mit rund 23
Prozent ein weitaus geringerer Anteil in diesem
Sinne aktiv als unter allen übrigen Befragten
(42 Prozent). Dies verstärkt den Eindruck, dass
viele und insbesondere politisch ohnehin engagierte
Personen aus Solidarität und nicht aufgrund
persönlicher Betroffenheit an den Protesten
teilgenommen haben.
Grob vereinfachend kann der typische Demonstrant
gegen Hartz IV folgendermaßen
charakterisiert werden: Er kommt aus dem
Osten, ist männlich, im Alter zwischen 50 und
55 Jahren, steht in einem unsicheren Arbeitsverhältnis
oder ist arbeitslos. Er kehrt sich von
den etablierten Parteien ab und tendiert am ehesten
zur PDS. Entgegen der öffentlichen Wahrnehmung
gibt es unter den Demonstrierenden
keine markante Hinwendung zu rechtsradikalen
Parteien. Vielmehr ist der typische Demonstrant
deutlich links und postmaterialistisch ori-
27
entiert; er betrachtet den Sozialismus als eine
gute Idee, die aber schlecht ausgeführt worden
sei. Mit dieser Charakterisierung werden
lediglich Tendenzen bzw. Schwerpunkte bezeichnet.
Es wäre jedoch falsch zu behaupten,
nahezu alle Demonstrierenden entsprächen diesem
Bild.
Dieter Rucht ist Leiter der Arbeitsgruppe
‚Politische Öffentlichkeit und Mobilisierung‘
am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung
(WZB).
Mundo Yang arbeitet als wissenschaftlicher
Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe ‚Politische
Öffentlichkeit und Mobilisierung‘ am Wissenschaftszentrum
Berlin für Sozialforschung
(WZB).
Anmerkung
1 Der vorliegende Beitrag erscheint auch in
den WZB Mitteilungen, Heft 106 (Dezember
2004).