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Vollversion (1.57 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen

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112<br />

vilgesellschaft schwingt in vielen Beiträgen<br />

mit, zum Teil wäre eine etwas nüchternere<br />

Betrachtung günstiger. Der Band ließe sich<br />

auch schlüssig ergänzen etwa durch die Untersuchung<br />

der Mafia als zivilgesellschaftlicher<br />

Organisation bei Staatsversagen oder al<br />

Quaida als transnationalem zivilgesellschaftlichem<br />

Netzwerk. Die Beispiele machen die<br />

normative Ambivalenz deutlich, die wie für<br />

praktisch alle Phänomene, auch für das Zivilgesellschaftskonzept<br />

gilt.<br />

Breite der Beiträge<br />

Die bemerkenswerte Stärke des Bandes liegt<br />

in der Breite der Beiträge, die jeweils auf<br />

ihre Weise Aspekte von Zivilgesellschaft<br />

meist fundiert diskutieren. Hier finden sich<br />

quantifizierende Querschnittsstudien neben<br />

Fallstudien, Betrachtungen von Zivilgesellschaft<br />

in Deutschland, Europa, Indien oder<br />

transnational bis global, Diskussionen von<br />

demokratisierenden Wirkungen, aber auch<br />

Geschichten vom Scheitern – sogar der nur<br />

kurz angerissene Verweis auf die Gefahr von<br />

freiwilliger politischer Aktivität gegen den<br />

demokratischen Staat in der Weimarer Republik.<br />

Die Herausgeber haben auf eine abschließende<br />

Diskussion verzichtet, aber die<br />

Beiträge regen, gerade wenn man sie in größerer<br />

Menge rezipiert, zu weiteren Theoretisierungen<br />

und Brückenschlägen an. Dies ist<br />

die bemerkenswerte Leistung des Bandes:<br />

eine ganze Reihe interessanter, bedenkenswerter<br />

Beiträge in einem Diskurs zu Zivilgesellschaft<br />

zu leisten, in dem schon alles gesagt<br />

schien.<br />

Jochen Roose, Berlin<br />

Besprochene Literatur<br />

Gosewinkel, Dieter, Dieter Rucht, Wolfgang<br />

van den Daele und Jürgen Kocka (Hg.), 2004:<br />

Zivilgesellschaft – national und transnational.<br />

WZB-Jahrbuch 2003. Berlin: sigma.<br />

<strong>Forschungsjournal</strong> NSB, Jg. 17, 4/2004<br />

Geschlecht als politische und<br />

politikwissenschaftliche Kategorie<br />

„Hierarchisierung der Geschlechter und Ignoranz<br />

der Geschlechterverhältnisse gelten nach<br />

wie vor als konstitutiv für politikwissenschaftliches<br />

Denken und Analysieren“ (Sauer/Rosenberger:<br />

11). Dies ging solange gut, bis vor über<br />

20 Jahren transdisziplinär arbeitende und bewegungsverbundene<br />

Frauenforscherinnen ihren<br />

kritischen Blick auch auf die Politikwissenschaft<br />

zu richten begannen. Die Dekonstruktion<br />

impliziter maskulinistischer Annahmen ihrer<br />

Schlüsselbegriffe ist seither im Gange, doch trotz<br />

(oder auch wegen) ihrer destabilisierenden Wirkung<br />

wird sie von ihren AdressatInnen nur unzureichend<br />

wahr- bzw. ernst genommen.<br />

Streitbare Anfänge<br />

Ein Großteil der Zielgruppe des Studienbuches<br />

,Politikwissenschaft und Geschlecht‘ kennt die<br />

Rahmenbedingungen der streitbaren Anfänge<br />

heute nur mehr vom Hörensagen. Nicht so die<br />

Autorinnen, die die inzwischen erfolgte Disziplinierung<br />

und Diversifizierung der politikwissenschaftlichen<br />

Frauen- und Geschlechterforschung<br />

mit erlebt und geprägt haben. Sie haben<br />

auch die Rekonstruktion, also das Engendering<br />

eben jener ,klassischen‘ Konzepte ihrer eigenen<br />

wissenschaftlichen Baustelle, mit betrieben, und<br />

stellen diese ganz bewusst in den Mittelpunkt<br />

des kollektiv konzipierten Sammelbandes:<br />

Macht und Herrschaft, Staat, Recht und Institutionen,<br />

Öffentlichkeit und Privatheit, Arbeit und<br />

Arbeitsteilung, Demokratie, Partizipation und<br />

Repräsentation, Identität und Interesse, Krieg<br />

und Frieden. Diese Begriffe allein lassen wenig<br />

Feministisches erahnen, da sie inmitten dessen<br />

liegen, was ohnehin den Mainstream konstituiert.<br />

Doch das Konzept geht auf. Die kritischreflexive<br />

In(tro)spektion des Faches selbst, des<br />

Malestream hegemonialer Sichtweisen einer<br />

wissenschaftlichen Disziplin, ist Ausgangspunkt<br />

und Ziel der Textsammlung.

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