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Grundlagenstudie FBBE - Finalversion (edit 13032009 ...

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<strong>Grundlagenstudie</strong><br />

4 Die Praxis der <strong>FBBE</strong> Schweiz: Organisation, Angebote<br />

und Personal<br />

In der Schweiz werden Kinder je nach Alter<br />

und Angebotsform entweder dem Frühbereich<br />

(0 bis 4 Jahre) oder dem Vorschulbereich<br />

(4 bis 6 Jahre) zugeteilt. Eine Ausnahme<br />

bildet der Kanton Tessin, wo Kinder Angebote<br />

im Vorschulbereich bereits ab dem<br />

vollendeten dritten Lebensjahr besuchen<br />

dürfen. Überblickt man die Gesamtentwicklung<br />

in der Schweiz, so zeigen sich unterschiedliche<br />

Paradigmen zwischen den einzelnen<br />

Sprachregionen. Während in der<br />

deutschen Schweiz bislang in erster Linie<br />

Pestalozzi und Fröbel als Leitfiguren galten<br />

und in Folge dessen eine explizite Sozialorientierung<br />

mit freiem Spiel und ganzheitlicher<br />

Förderung in Abgrenzung zur kognitiven<br />

Förderung im Mittelpunkt stand, dominierte<br />

in der Romandie in Anlehnung an das<br />

englische Modell der infant school und unter<br />

Inspiration von Claparède und Piaget die<br />

schulvorbereitende, kognitiv orientierte<br />

Funktion vorschulischer Förderung. Eine<br />

ähnliche, allerdings spezifisch an Montessori<br />

(Material), Fröbel (Spiel) und den Geschwistern<br />

Agazzi (didaktische Prinzipien) orientierte<br />

Ausrichtung verfolgten vorschulische<br />

Institutionen im Tessin. Diese Entwicklungen<br />

haben dazu geführt, dass dem Kindergarten<br />

der deutschen Schweiz vorwiegend<br />

eine sozialpädagogische, der école enfantine<br />

der Romandie und auch der scuola<br />

dell'infanzia eine kognitiv-schulvorbereitende<br />

Funktion zugesprochen wird. Diese Paradigmen<br />

spiegeln sich auch in der internationalen<br />

Perspektive: So findet sich das kognitiv-schulvorbereitende<br />

Paradigma in Ländern<br />

wie Frankreich, England oder den Niederlanden<br />

wieder, während das sozialpädagogisch<br />

orientierte Paradigma in Österreich,<br />

Deutschland, Schweden oder Dänemark<br />

grundlegend ist. Heute zeichnet sich in<br />

der Schweiz, aber auch international, die<br />

Tendenz ab, die beiden Paradigmen – Sozia-<br />

34<br />

lisationsfunktion einerseits und Bildungsfunktion<br />

andererseits – miteinander zu<br />

kombinieren. Dies kommt exemplarisch im<br />

neuen Schuleingangsmodell der Grund-/Basisstufe<br />

zum Ausdruck, einem Schulentwicklungsprojekt,<br />

das Kindergarten sowie erste<br />

Klasse («Grundstufe») respektive Kindergarten<br />

sowie erste und zweite Klasse («Basisstufe»)<br />

zu einer einzigen Stufe vereint. Aber<br />

auch seitens der familienergänzenden Betreuungspraxis<br />

wird zunehmend ein Paradigmenwechsel<br />

gefordert, weg vom Verständnis<br />

als Dienstleistung für erwerbstätige<br />

Eltern hin zur ganzheitlichen Lern- und Entwicklungsförderung<br />

des Kleinkindes.<br />

Inwiefern es in der Schweiz gelingt, diese<br />

beiden Paradigmen zusammenzubringen,<br />

dürfte eine grosse Herausforderung werden.<br />

Sie besteht darin, zwischen den unter<br />

der Kontrolle der Sozial- und Gesundheitsbehörden<br />

(und damit der SODK) stehenden<br />

Betreuungsangeboten und den Bildungsangeboten,<br />

die den Schulbehörden (und damit<br />

der EDK) zugeordnet sind, einen gemeinsamen<br />

Verantwortungsbereich zu schaffen.<br />

Diese Forderung bildet das Herzstück des<br />

Starting Strong II-Berichts der OECD (2006),<br />

die einen zusammenhängenden, Synergien<br />

schaffenden Bildungs- und Betreuungsraum<br />

fordert. Nicht gerade zuversichtlich stimmt<br />

deshalb die gemeinsame Erklärung von EDK<br />

und SODK, in der die Aufgliederung der beiden<br />

Bereiche festgeschrieben wird und die<br />

SODK zukünftig die Zuständigkeiten für den<br />

Frühbereich (0 bis 4/5 Jahre) und die EDK<br />

(ab dem vollendeten vierten Lebensjahr) die<br />

Verantwortung für die obligatorische Schule<br />

erhält. Es wird sich somit erweisen, ob dadurch<br />

die historisch bedingten unterschiedlichen<br />

Traditionen weiter zementiert oder<br />

neue Synergien geschaffen werden, welche<br />

die Schweiz auch international anschlussfähig<br />

machen.

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