Möbel und Einrichtungsgegenstände
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<strong>Möbel</strong><br />
1141<br />
1141. Überaus feine <strong>und</strong> sehr bedeutende Commode à fleurs, frühe Transition Louis XV/Louis XVI,<br />
Frankreich, Paris, circa 1765–1770, aus der Werkstatt des Nicolas Petit 1732–1791 oder des Roger<br />
Vandercruse genannt La Croix 1727–1799 stammend. Rosenholz, Bois de Violette, Königsholz, Zitronenholz,<br />
Ahorn, Buchs <strong>und</strong> Palisander auf Eiche furniert. Dreiseitig geschweifter Korpus auf wellig ausgeschnittener<br />
Zarge <strong>und</strong> s-förmigen Beinen in feuervergoldeten Bronzesabots. Die Front mit zwei Schubladen<br />
sans traverse. Originales <strong>und</strong> seltenes, passig geschweiftes, grau-schwarz-weiss durchzogenes <strong>und</strong> profiliertes<br />
Sainte-Anne Marmordeckblatt. Schauseitig mit feinster Blumenmarketerie in bois de bout <strong>und</strong> in Rosenholzgr<strong>und</strong><br />
eingelegt. Die Blütenzweige zu kleinen Sträussen geeint, der zentrale Strauss mit einer Atlasschlaufe<br />
geb<strong>und</strong>en. Kartuschenförmiges Mittelfeld <strong>und</strong> umrahmendes äusseres Feld. Alles mit allerfeinstem filetgerahmten,<br />
verschlungenen <strong>und</strong> geometrisch angeordneten Bandwerk eingelegt. Die Ecken mit Wurzelmaser<br />
betont. Beide Schmalseiten in gleicher Manier eingelegt <strong>und</strong> umfasst. Eckstollen, Zarge <strong>und</strong> Beine mit<br />
schattierenden Furnieren gefasst. Überaus fein ziselierte Goldbronzen in Form von Chutes, Sabots,<br />
Zugringen, Schlüsselloch- <strong>und</strong> Zargenzierde. 115:89,5:57,5 cm. 60 000.—/80 000.—<br />
Nicolas Petit, 1732–1791, Meister ab 1761<br />
Roger Vandercruse dit La Croix, 1727–1799, Meister ab 1755<br />
Provenienz:<br />
Aus altem Genfer Privatbesitz<br />
Unter den Pariser Ebenisten der Regierungszeiten von Louis XV <strong>und</strong> Louis XVI, zählt Nicolas Petit (1732–1791) zu den bedeutendsten.<br />
Sein ausserordentlicher Erfolg als Marchand ist sicher gleich hoch zu bewerten, wie seine kunsthandwerkliche Begabung als einer der<br />
bedeutendsten Maître Ébéniste im Dienste der Krone <strong>und</strong> des französischen Hochadels. Sein Atelier in der rue du Faubourg-Saint-<br />
Antoine, im Haus zum «Nom de Jésus», produzierte während fast 30 Jahren Werke von ausserordentlicher Qualität. Die Begabung, sich<br />
dem wandelnden Geschmack einer anspruchsvollen K<strong>und</strong>schaft nicht nur stets erfolgreichst anzupassen, sondern viel mehr die Stilveränderungen<br />
auch selber zu prägen <strong>und</strong> mitzubestimmen, waren das F<strong>und</strong>ament auf dem der Erfolg des Meisters baute.<br />
Der berühmte <strong>und</strong> frühe Erforscher der Pariser Ebenisten des 18. Jahrh<strong>und</strong>erts, François Comte de Salverte, lobt den Meister bereits in<br />
seiner ersten Publikation <strong>und</strong> erwähnt besonders «son extrême variété» <strong>und</strong> rühmt «la souplesse de son talent et la sûreté de son goût»<br />
<strong>und</strong> der <strong>Möbel</strong>forscher Jean Nicolay schreibt 1956 über Petit: «la délicatesse de ses conceptions se manifeste avec toute sa grâce».<br />
Die hier angebotene Kommode ist in ihrer aussergewöhnlich feinen <strong>und</strong> ausgeglichenen Linienführung sicher eine der schönsten Arbeiten<br />
der frühen Transition. Auf sie treffen die Beschreibungen des Comte de Salverte in Bezug auf den Meister vorzüglich zu. Die Blumenmarketerie<br />
mit vollen Blüten ist in schönstem <strong>und</strong> ausgesuchtestem Veilchenholz, im seltenen Stirnschnitt, dem sogenannten bois de<br />
bout, ausgeführt. In solch ausgewogener Form <strong>und</strong> gleichermassen reich <strong>und</strong> aufwändig mit geometrischen <strong>und</strong> verschlungenen Bändern<br />
gefasste Marketerie, wie sie die hier angebotene Kommode aufweist, findet sich nur an sehr wenigen vergleichbaren Werken des<br />
Meisters <strong>und</strong> wohl nirgends in dieser vollendeten Form. Der sonst reichere Bronzeschmuck tritt an dieser Kommode nobel in den Hintergr<strong>und</strong><br />
<strong>und</strong> lässt die ausgezeichnete Marketerie in bestem Lichte wirken. Nur an wenigen <strong>Möbel</strong>n ist der Übergang vom Rokoko hin<br />
zum Frühklassizismus in so ausgewogener Form aufzufinden. Stilelemente beider Epochen setzen sich kunstvoll durch <strong>und</strong> bilden eine<br />
Einheit die nur Gewinnendes findet.<br />
Register Seite 111–112