Möbel und Einrichtungsgegenstände
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<strong>Möbel</strong><br />
1172<br />
1172. Sehr feine <strong>und</strong> bedeutende Transition-Kommode des Johannes Äbersold <strong>und</strong> seiner Werkstatt,<br />
Bern, circa 1775. Kirsche <strong>und</strong> Zwetschge, Rüster <strong>und</strong> Ahorn, gefriest <strong>und</strong> teils gefärbt. Längsformatiger<br />
Korpus auf wellig ausgeschnittener, erhöhter Zarge <strong>und</strong> geschweiften Beinen mit frontseitigen Sabots. Die<br />
Front mit zwei Schubladen <strong>und</strong> angedeuteter Traverse. Elegant gebaucht. Die Schubladenfront mit schön<br />
gefriesten Kirschholzfeldern, gerahmt von Bandwerk mit doppelten Filets, die Ecken mit verschlungenem<br />
Motiv. Die Schmalseiten <strong>und</strong> das wenig vorstehende, profilierte Blatt in gleicher Manier furniert <strong>und</strong> mit<br />
Zwetschgenholzrahmung. Ovale Messingbeschläge mit Zuggriffen, Schlüssellochzierden <strong>und</strong> Zargenapplikation.<br />
84:118:65 cm. 25 000.—/30 000.—<br />
Provenienz:<br />
Aus Berner Privatbesitz<br />
Unter den Kommodenmöbeln des Johannes Äbersold (1737–1812) nimmt das hier angebotene, aus Berner Privatbesitz stammende<br />
<strong>Möbel</strong> eine wichtige Position ein. Es ist ein besonders schönes Beispiel einer Kommode der Übergangszeit vom Rokoko hin zum Frühklassizismus<br />
<strong>und</strong> kann in die Zeit um 1775 datiert werden. Hermann von Fischer, der engagierte <strong>Möbel</strong>forscher <strong>und</strong> Wiederentdecker<br />
des Berner Schreinermeisters Johannes Äbersold, bildet unsere Kommode in seinem Ausstellungskatalog ( Johannes Äbersold 1737–1812,<br />
Ein Berner Ebenist zwischen Mathäus Funk <strong>und</strong> Christoph Hopfengärtner, Schloss Jegenstorf, 2000), auf Seite 11 ab, stellt sie in Vergleich<br />
mit einer Kommode des Mathäus Funk aus der Zeit um 1765 <strong>und</strong> weist auf die unterschiedliche Anwendung des Furnierschnittes<br />
hin. Zwei Schreiner deren Kommodenformen sich hier sehr nahe kommen <strong>und</strong> sich doch im Detail gänzlich unterscheiden. Äbersold ist<br />
mit unserer Kommode ein sehr grosser Wurf hinsichtlich der Gestaltung der Oberfläche des <strong>Möbel</strong>s gelungen <strong>und</strong> wendet hier, möglicherweise<br />
erstmalig, seine typische Zargen-Zierbronze mit der zentralen Urne an, wie wir sie sonst nur an französischen <strong>Möbel</strong>n der<br />
Zeit ab 1770- <strong>und</strong> seinen <strong>Möbel</strong>n der Louis XVI-Zeit finden.Wenig vor der Entstehung der hier angebotenen Kommode, nämlich 1767<br />
hält sich Johannes Äbersold auf seiner Wanderschaft noch in Paris auf, von wo er an das Bernische Handwerksdirektorium schreibt, mit<br />
der Bitte um Bewilligung, sich als Schreinermeister in Bern niederlassen zu dürfen. Es ist anzunehmen, dass er aus Paris auch den später<br />
immer wieder verwendeten Zargenbeschlag mitnahm <strong>und</strong> ihn in Bern nachgiessen liess, ähnlich wie dies schon sein Konkurrent<br />
Mathäus Funk, dessen grosse Beschlagsgarnitur der gebauchten Kommoden in Frankreich ab circa 1740 verwendet wurden <strong>und</strong> die er<br />
wohl ebenfalls aus seinem dortigen Aufenthalt mit nach Bern zurückbrachte. Es macht Sinn, dass man gerade aus Paris, wo sich damals<br />
die besten Bronzegiesser befinden, Beschläge zum Nachgiessen mit nach Hause nimmt, wo solcher Bronzeguss zum Schmücken von<br />
Kommoden bis dahin unbekannt war.<br />
Register Seite 111–112